Amerikanische Musik hat diesen gewissen Drive – ein Moment zwischen energetischem Optimismus und latentem Opportunismus, das sich spartenübergreifend bei Unterhaltungsmusik, Klassik, und allem dazwischen zeigt. Diese Haltung führen die Münchner Philharmoniker in dieser Spielzeit mit ihrem Amerika-Schwerpunkt vor Ohren – und konkret nun in der Isarphilharmonie unter Cristian Macelaru mit drei Werken, die eben jener treibende Drive verbindet.
Den Auftakt bildet Jennifer Higdons „Fanfare Ritmico“, die ihren Titel auch einlöst: Zu Beginn setzt das Schlagwerk ein kraftvolles Signal aus pointierten Rhythmen, das die Streicher motorisch aufgreifen. Die Musik entfaltet sich als Klangstrom aus an- und abschwellender Energie, der unablässig nach vorn schiebt: Hier schwingt der Zukunftsoptimismus mit, wie er zur Jahrtausendwende in der Luft lag, als Higdon das Stück komponierte.
Auch in George Gershwins „Concerto in F“ treiben Pauken und Trompeten an – wenn auch mit jazzigem Gestus. Am Flügel sitzt mit Rudolf Buchbinder. Ein Pianist, den man eher mit Beethoven als mit Amerika assoziiert. Doch der alte Meister kann alles, sogar Broadway. Zwar wacklig auf den Beinen, aber mit ungebrochener Virtuosität in den Fingern, steuerte er mit federnder Rhythmik durch die jazzigen Verläufe – mal „hot“ und mal „blue“. Zur Zugabe wechselte Buchbinder in seine ureigene Welt und präsentierte eine Johann-Strauß-Paraphrase – Wiener Schmäh trifft amerikanischen Drive.
Nach der Pause Aaron Coplands dritte Symphonie von 1944, ein „End-of-War-Piece“, das mit US-Drive in Reinform endet: Wenn im Finale die „Fanfare for the common Man“ erklingt, wird eben jener Optimismus und Opportunismus erfahrbar – ein zukunftsgewisser Klang von Triumph und Gemeinschaft. Ganz Amerika eben.ANNA SCHÜRMER