Anheizer beim Kollektiverlebnis: Roland Kaiser dirigiert die Massen wie kein Zweiter. © Sky Deutschland / dpa
Wer nach Informationen zu dem Film „50 Jahre Roland Kaiser – Ein Leben für die Musik“ sucht, findet eine Seite, auf der auch eine Darsteller-Liste zu finden ist. Dort steht ein einziger Name: Roland Kaiser. Mehr braucht es auch nicht. Der Konzertfilm, der während der Tournee des Schlagerstars mit den feinen Anzügen entstand, dreht sich einzig um das Phänomen Roland Kaiser. Um ihn, seine Lieder, seine Musiker und seine Anhänger. Er startet am heutigen Dienstag in den Kinos.
Vor allem die zahlreichen „Roli-Fans“, wie sie manchmal eigentümlicherweise genannt werden, dürften bei dem Streifen auf ihre Kosten kommen. Mit sattem Sound wird über weite Strecken die fulminante Bühnenshow aus einer neuen Perspektive gezeigt. Auch als Nicht-Rolianer ertappt man sich dabei, wie man im Kinosessel mitwippt.
Auf diesen Überwältigungseffekt verweist auch Kaiser selbst, wenn man ihn fragt, ob es nicht ein kleineres Format getan hätte. „Es ist schon etwas Besonderes für mich – und ich hoffe auch für die Menschen“, sagt der 73-Jährige. „Sie können mit dem Film ein Kollektiverlebnis haben. Adäquat zum Konzert selbst. Und wenn das gut klingt, kann das schon Spaß machen.“
Kurzum: Es geht um gute Laune, wie so oft im Schlager. Der Film ist keine Biografie, erst recht kein Essay über Ruhm und Vergänglichkeit. Nur weniges, was man abseits der Musik über den Sänger erfährt, löst Störgefühle aus. Vielmehr schaut man dabei zu, wie Kollegen und Weggefährten am Denkmal Roland Kaiser werkeln. Was auch nicht schwierig ist, denn der Mann, der eigentlich Ronald Keiler heißt, galt schon vorher als guter Typ. Durchweg beschreiben sie den Sänger, der 1974 seine erste Single („Was ist wohl aus ihr geworden“) veröffentlichte, als sympathisch, fleißig, professionell und schlicht unkaputtbar. „Roland ist ja jetzt schon eine der wenigen Legenden, die wir noch haben“, fasst Duett-Partnerin Maite Kelly zusammen.
Interessanterweise scheinen die Filmemacher unter den Kaiser-Fans allerdings auch einige Technik-Fans zu vermuten. Auffällig oft wird von Crew-Mitgliedern über Apparaturen an und rund um die Bühne gefachsimpelt. Der Erkenntnisgewinn dabei ist mal größer und mal kleiner. Ein Lichtdesigner erklärt etwa, dass Beleuchtung bei einem Konzert unter freiem Himmel etwas anderes sei als in einer Halle. Der Grund: In der Halle sei es ja dunkel.
Konsequenterweise funktioniert der Film daher wie die Songs, die Roland Kaiser groß gemacht haben. Er schwenkt ein, bevor es allzu abgründig werden kann. Ähnlich ist es in Kaisers Liedern. Oft singt er von – um es diskret auszudrücken – körperlichen Sehnsüchten, umkreist den Gegenstand des Begehrens dabei aber so elegant („Manchmal möchte ich schon mit dir diesen unerlaubten Weg zu Ende gehen“), dass der Hörer sich das Äußerste dazu denken muss. Barbara Schöneberger dechiffrierte in ihrem Podcast Kaisers Gesamtwerk mal mit den Worten: „Da geht es ja eigentlich nur die ganze Zeit um die Bumserei.“ Vokabular, das dem vielleicht letzten Elder Statesman des deutschen Schlagers so nie über die Lippen kommen würde.
Und wie seine Songs lässt der Film vieles nur anklingen. Etwa die Zeit, in der Kaiser gesundheitlich angeschlagen war. 2010 wurde ihm eine Lunge transplantiert. Kurz darauf gelang ihm ein erfolgreiches Comeback. Die Crew-Mitglieder rief er alle einzeln an, wie man erfährt. Er wollte ihnen sagen: Es geht wieder los und du bist dabei.
Ein Nachteil muss es nicht sein, wenn nicht alles ausbuchstabiert wird. Der Film vermittelt vielmehr die Energie, die Kaiser ausstrahlt, und das warme Gefühl, mit dem seine Fans nach Hause gehen. Der Film endet denn auch mit den Roland-Kaiser-Zeilen „Bis zum nächsten Mal, bis zum nächsten Traum. Bis zum nächsten Mal, über Zeit und Raum.“ Das klingt nicht so, als sei es ein Abschiedsfilm gewesen.JONAS-ERIK SCHMIDT