Feier der Vielfalt

von Redaktion

Das Deutsche Theatermuseum in München präsentiert das Buch „Making Theatre“

Ließ große Offenheit zu: Elsa-Sophie Jach. © Schmidhuber

Zwischen den Theaterlatten in der Schau „Making Theatre“: Kuratorin Maren Richter (Mi.), Buchgestalterin Simone Farner (li.) und Regisseurin Elsa-Sophie Jach. © Astrid Schmidhuber

Am Anfang war nicht einmal das Wort. „Es gab keinen Text. Es gab keine Bilder. Es gab keine Kunst im Atelier“, erinnert sich die Designerin Simone Farner am Donnerstagabend im Deutschen Theatermuseum am Münchner Hofgarten. Die Schweizerin hat das Buch zur Schau „Making Theatre“ gestaltet, die das Haus aktuell zeigt. Wer jetzt jedoch an einen typischen Ausstellungskatalog denkt, liegt falsch: Farners Arbeit steht als Kunstwerk für sich, hat eine eigene Bildsprache, eine spannende Typografie, ist haptisch ein Erlebnis – und dabei enorm kurzweilig und informativ zu lesen.

„Es war wie Container zu bauen, in die was auch immer hineingefüllt werden kann“, berichtet Farner bei der Präsentation der Publikation. Dass die Gestalterin so wenige Parameter kannte, als sie den Auftrag übernahm, hat einen Grund mit ungewöhnlichem Namen: „Live-Kuration“. So bezeichnet Maren Richter das, was sie mit ihrem Team für die Ausstellung „Making Theatre“ gemacht hat. Wie berichtet, erzählt die Schau sehr sinnlich, wie ein Theaterstück auf die Bühne kommt. Die Museumsleute durften dafür Regisseurin Elsa-Sophie Jach bei ihrer Inszenierung von William Shakespeares „Romeo und Julia“ am Bayerischen Staatsschauspiel begleiten – von der ersten Idee im Januar 2024 bis zur Premiere heuer am 16. Mai im Residenztheater.

Die Theatermacherin hat hier eine enorme Offenheit zugelassen: Richter habe ihr im Vorfeld gesagt, die Ausstellung zeige „das Flüchtige und auch gerne das, was nicht funktioniert“, sagt Jach. Die Museumsgäste profitieren nun von ihrem Mut und ihrem Vertrauen in die Kuratorin.

Für Simone Farner galt es schließlich, die Multimedialität von Inszenierung und Ausstellung zwischen zwei Buchdeckel zu bringen. Eine Herausforderung gewiss, doch hat ihr Medium auch einen enormen Vorteil: die große Intimität und Konzentration, die jede Lektüre auszeichnen. Ihre Arbeit folgt dem Produktionsprozess am Theater chronologisch, unterbricht diesen Erzählstrang jedoch immer wieder: Exkurse (gedruckt auf rosa Papier) blicken in die Theatergeschichte. Die drehen sich mal um die Entwicklung von Kostümen, mal um die Mitbestimmung am Theater, mal um die erste deutsche Prinzipalin, die Neuberin (1697-1760).

Mehr als 450 Menschen haben daran gearbeitet, dass „Romeo und Julia“ Premiere feiern konnte. „Es geht ums große Ganze und um die Zusammenarbeit in dieser Ausstellung“, sagt daher Regisseurin ElsaSophie Jach. „Das ist auch das ganz Wesentliche am Theater.“ Und vielleicht ist die Feier der Vielfalt das Geheimnis dieser Kunst.MICHAEL SCHLEICHER

Maren Richter, Dorothea Volz (Hrsg.):

„Making Theatre“. Deutsches Theatermuseum, 188 S.; 18 Euro.

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