Ausstellung

Raus aus demWolkenkuckucksheim

von Redaktion

Das Architekturmuseum zeigt „City in the Cloud: Data on the Ground“

Wo die begehrten Elemente aus dem Boden geschürft werden, sieht es für die Umwelt düster aus, wie hier beim Lithium-Abbau in der Atacama-Wüste. © Catherine Hyland/PDM

Bei so einem wolkigen Thema fängt man am besten bodenständig an; also ganz unten, auf dem Meeresgrund. Dort nämlich verlaufen jene Tiefseekabel, durch die rund um den Globus all die Daten flitzen, die dann auf unseren „Endgeräten“ als Bilder, Töne, Texte, Filme sichtbar werden. Das World Wide Web ist eben tatsächlich ein Netz aus Kabeln. Und denen widmet sich gleich die erste Station der Ausstellung „City in the Cloud: Data on the Ground“ in der Pinakothek der Moderne. Das Architekturmuseum der TU München versucht mit dieser Schau, das Phänomen der Daten-Cloud aus seiner scheinbar luftigen Ungreifbarkeit zu holen und auf ganz konkrete materielle Füße zu stellen. Wie sieht die Architektur der „Wolke“ aus, lautet gleichsam die Frage, aber wenn damit die aufgeblasene Marketing-Metapher „Cloud“ entzaubert wird, dürfte heute kaum mehr jemand aus allen Wolken fallen.

Zur Einstimmung bleibt es freilich noch nostalgisch. Ein kurzes Stück des ersten Tiefseekabels, das 1850 zwischen Europa und Amerika verlegt wurde, ist da zu sehen – eine echte Fortschritts-Reliquie, die sonst im Deutschen Museum Technik-Fans auf Wolke sieben versetzt. Dass die Umhüllung solcher Kommunikationsadern damals wie heute eine Menge aushalten muss, zeigt ein Unterwasser-Foto nach dem Motto „Vorsicht, bissiger Fisch“: Da sieht man einen Hai, der ein Tiefseekabel ins Maul nimmt, aber sich daran natürlich die Zähne ausbeißt.

Der Rest der Schau ist dann nicht gar so amüsant, sondern umwölkt des Besuchers Stirn mit Gram. Thematisiert werden hier nämlich die Kosten der Digitalisierung, womit weit mehr als finanzielle Aufwendungen gemeint sind: Ökologische und soziale Folgen der rasant fortschreitenden Digitalisierung behandelt das ausführliche Kapitel über die sogenannten kritischen Rohstoffe und seltenen Erden. Ohne Lithium, Zinn, Kobalt, Nickel (von denen je Proben zu bestaunen sind) geht in der digitalen Welt bekanntlich überhaupt nichts. Aber wo diese Elemente aus dem Boden geschürft werden (etwa in der chilenischen Atacama-Wüste), sieht es für die Umwelt oft ziemlich düster aus, auch wenn das Wasser in diesen Gebieten noch so hellgelb-giftig leuchtet, wie auf Fotos zu sehen ist.

Eher im Hintergrund bleiben die dunkel drohenden Wolken des „Überwachungskapitalismus“ sowie die Frage nach dem Eigentum an jenen Daten, die jeder Einzelne durch die gewollte oder ungewollte Nutzung des Internets generiert. Ganz zu schweigen vom – insbesondere durch KI-Anwendungen – stetig steigenden Energiebedarf der ServerFarmen und Rechenzentren.

Solche Daten-Lager und Schaltzentralen stellen die ständig kühlungsbedürftige, also stromfressende Maschinerie aus Kabeln, Festplatten und Platinen dar, die hinter der Cloud steckt oder genau genommen die Cloud ist. Dass die nichts mit einem Wolkenkuckucksheim gemein hat, dürfte durch diese Ausstellung endgültig geklärt sein.ALEXANDER ALTMANN

Bis 8. März 2026

täglich außer Mo. 10 bis 18 Uhr, Do. bis 20 Uhr.

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