Der Hip-Hop-Hoagartn

von Redaktion

Dicht & Ergreifend feiern rauschenden zehnten Geburtstag in der Münchner Olympiahalle

Ein Mix aus Geburtstagstorte und Zirkus-Rund: Auf einer Bühne mitten in der Olympiahalle ließen es die Dichtis mit etlichen prominenten Gästen krachen. © Martin Hangen

Dicht & Ergreifend, die Mundart-Rapper aus Niederbayern, haben zehnten Geburtstag gefeiert – und wie! Mit einem weiteren Hochamt der Ekstase, zweieinhalb Stunden Vollgas. Drunter machen es die beiden Frontmänner Urkwell (Michael Huber) und Lef Dutti (Florian Frischmann) mit DJ Spliff (Markus Hinkelmann), Goldie Horn (Jutta Keeß, Tuba) und Sir Mix a Lothar (Lothar Beyschlag, Trompete) nicht. Das war schon vor neun Jahren so, als Dicht & Ergreifend als Support der legendären Hip-Hopper von Cypress Hill auftraten, zu deren 25. Jubiläum im Zenith. Jetzt sind die bayerischen Hip-Hopper selbst die Geburtstagskinder – und feiern nicht kleiner, sondern größer als die berühmten Kollegen. Auf einer Bühne mitten in der Halle, die gestaltet ist wie eine Mischung aus Geburtstagstorte und Zirkus-Rund.

Als Vorband haben sie die Mundartband Kofelgschroa aus Oberammergau eingeladen, die erstmals seit ihrer Auflösung wieder in Originalbesetzung auftritt. Mit Liedern wie „Wäsche“ mit der Zeile „Wie schön ist das eigentlich“. Total schön ist das! Während ihres knapp 60-minütigen Auftritts werden Kofelgschroa vom Kuhmist-Maler Werner „weeh78“ Härtl live auf der Bühne proträtiert. Dafür wird er zu Recht vom Publikum gefeiert.

Der Beifall in der ausverkauften Olympiahalle ist riesig, auf den Tribünen erheben sich viele, um dem 83-jährigen Gerhard Polt mit Standing Ovations zu huldigen. Auch er ist zum Dichtis-Geburtstag eingeladen. Wenn er spricht, hören alle gebannt zu: Unaufgeregt und mit Wortwitz erzählt er eine Geschichte vom Siebener und vom Fünfer, zweier Fahrzeugreihen eines bayerischen Autoherstellers. Wie der neue „Simmer“ zu groß für die Einfahrt der alten Garage ist und was denn jetzt zu tun sei. Bauantrag stellen? Garage wegreißen und neu bauen? Gerhard Polt winkt lächelnd ab. Eine Geschichte fast wia im richtigen Leben, die überführt zum Song „Meier & Wimmer“, die Sache mit dem Dreier und dem Simmer. Passend dazu spielen die Well-Brüder mit. Der ganze Abend fühlt sich an – man darf das ohne Ironie, sondern mit Hochachtung sagen –, wie ein bayerischer Hip-Hop-Hoagartn.

Aus ganz Bayern sind die Fans zum einzigen Konzert der Dichtis im Jahr 2025 gekommen, was ein Blick auf die Nummernschilder der Autos in der Parkharfe verrät. Samstagabend, 20 Uhr: Auf Videoleinwänden laufen Ausschnitte aus zehn Jahren Dicht & Ergreifend, von den ersten Gehversuchen bis hin zur Verleihung des Bayerischen Kulturpreises, den Urkwell und Lef Tutti aus Protest gegen Sponsoring-Praktiken nicht angenommen haben. Und es folgt ein kurzes Video über eine Sache, die den Dichtis am Herzen liegt: den „Boaznkäfer“, ein Dorfwirtshaus im niederbayerischen Ottering, für dessen Erhalt sie kämpfen.

Feine Boaznatmosphäre herrscht in der Olympiahalle, die Fans sind text- sowie auf- und abhüpfsicher. Und die Dichtis lassen nicht locker. Fordern die Gäste zum ekstatischen Jubel und Mithüpfen auf und werden bei einigen Songs von weiteren Geburtstagsgästen unterstützt. „Tatort“-Kommissar Miroslav Nemec tanzt bei seinem Auftritt wie ein verrückt gewordener Millionär mit Sektflasche über die Bühne, Stefan Dettl von LaBrassBanda spielt natürlich bei einem Lied die Trompete, und Liquid & Maniac sowie Feinkost Paranoia rappen und hiphoppen in bairischer Mundart fröhlich mit.

Als die Geburtstagsfeier um kurz vor 23 Uhr zu Ende geht, ein Schocker: Per Videoeinspieler kündigen Lef Tutti und Urkwell an, dass das das letzte Konzert und der Schluss von Dicht & Ergreifend war. Stille, Buh-Rufe – Sekunden später klären die Dichtis auf, dass das nur ein Scherz gewesen sei. Uff, zum Glück! ARMIN RÖSL

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