Hansjörg Albrecht, einer der Organisatoren. © Vanessa Daly
„Nicht Bach, Meer sollte er heißen!“ Dieser gern zitierte Ausspruch von Ludwig van Beethoven ließe sich ohne Weiteres auf das Münchner Bachfest umlegen. Schon zur großen Eröffnung am kommenden Wochenende haben Musikfans die Qual der Wahl. Und auch in den kommenden Wochen lockt ein schier uferloses Programm. Von Kirchenkonzerten und Kammermusik über Ausstellungen und interaktive Installationen bis hin zu Radtouren oder musikalisch inspirierten Führungen über den alten Südfriedhof.
Dass sich manche dadurch überfordert fühlen könnten, ist auch Mitorganisator Hansjörg Albrecht bewusst. Der bekannte Bach-Spezialist greift am 1. November in der Allerheiligen-Hofkirche unter dem Motto „Mit Pauken und Trompeten“ ins Geschehen ein und zählt darüber hinaus auch zu den Protagonisten des großen Orgelmarathons, der gleich durch mehrere Kirchen führen wird. „Die Grundidee war ursprünglich mal ein komplett kuratiertes Programm, aber wir haben irgendwann gemerkt, dass es mit dem Geldfluss schwierig wird.“ Und so machte man aus der Not eine Tugend und entschloss sich, das Festivalprogramm zu öffnen. Frei nach dem Motto „Bach für alle“, mit dem Albrechts Kollegin, die Kulturmanagerin Anna Kleeblatt, an ihre Erfahrungen mit den ebenfalls partizipativ ausgerichteten „Faust“- und „Flower Power“-Festivals anknüpfen konnte.
„Ohne Anna wäre das alles nicht möglich gewesen“, sagt Albrecht. „Und auch nicht ohne Gasteig-Chefin Stephanie Jenke, die schnell mit im Boot war. Den beiden kann ich gar nicht genug Rosen streuen.“ Obwohl sich einige Veranstaltungen gegenseitig kannibalisieren und um dasselbe Publikum buhlen, freut sich Albrecht über das große Engagement. „Wenn man überlegt, wie viele Menschen ehrenamtlich anpacken, ist das einfach unglaublich. Das ist genau dieses bürgerliche Engagement, das sich die Politik doch immer wünscht. Und gerade deshalb hätte ich mir von Stadt und Land schon etwas mehr Unterstützung gewünscht.“ Albrecht beruft sich dabei auf die lange Bach-Tradition der Landeshauptstadt, wo vor genau 100 Jahren das erste Bachfest ausgerichtet wurde. Ganz zu schweigen von der nach wie vor verehrten Bach-Legende wie Karl Richter. Und so wundert sich der Dirigent und Organist, warum München nicht längst ein fest etabliertes und touristisch wirksames Festival vorweisen kann, wie es beispielsweise Leipzig mit seinem Bachfest oder einem großen Wagner-Zyklus vorgemacht hat.
Ob diese Aufrufe angesichts der aktuellen Sparvorgaben offene Ohren finden, muss sich zeigen. Reinzuhören lohnt sich bestimmt. Denn die Liste der teilnehmenden Ensembles ist ebenso umfangreich wie bunt gemischt. Von prominenten Namen bis hin zu engagierten Laienformationen, die neben Konzertsälen und Kirchen auch Privatwohnungen oder Museen wie die Kunsthalle, die Alte Pinakothek oder die Staatliche Münzsammlung zu musikalischen Entdeckungsorten machen. Und wer es kulinarisch mag, dem sei das Café Luitpold empfohlen, wo Studierende der Musikhochschule über mehrere Wochen das „Wohltemperierte Klavier“ in entspannter Salon-Atmosphäre bei Kaffee und Kuchen zur Aufführung bringen. Der gesamte Festival-Fahrplan findet sich unter https://bachfest.infoTOBIAS HELL