Wichtige Apparatur: ein Schokolinsensortierer. © IJB
Schräge Roboterfamilie aus dem ungarischen Buch „Robotok“ von Jacqueline Molnár. Die Ausstellung in der Blutenburg ist eine Hommage ans Tüfteln. © Internationale Jugendbibliothek
Schon der Weg zum Schloss Blutenburg ist ein kleines Abenteuer: Zwischen Ententeich und Kopfsteinpflaster führt er hinauf in die „Schatzkammer“ der Internationalen Jugendbibliothek – und dort, unter alten Gewölben, entfaltet sich eine Welt voll schwirrender Zahnräder und wilder Ideen. „Crazy Machines!? – Fahrzeuge, Roboter und andere geniale Erfindungen“ heißt die neue Jahresausstellung, die am 31. Oktober eröffnet wurde. Eine Hommage an die Lust am Tüfteln.
Die weltweit größte Sammlung internationaler Kinder- und Jugendliteratur (670 000 Bände in über 250 Sprachen) diente Kuratorin Claudia Söffner und ihrem Team als Fundgrube, das Ergebnis: eine kluge, verspielte Schau voller Entdeckungen. Man begegnet Kuriositäten wie der Holunderbeeren-Pflück-Maschine, dem Hitzefrei-Regler oder Schokolinsensortierer. Zugleich zeigt die Ausstellung, wie sich das Verhältnis von Mensch und Maschine gewandelt hat – von antiken Automaten über Leonardo da Vincis geniale Entwürfe bis zur Künstlichen Intelligenz der Gegenwart.
Blickfang im Treppenaufgang ist Leonardos Flugmaschine aus Lego nachgebaut. Eine Hommage an den Renaissance-Erfinder und an den Hausmeister der Bibliothek, der das Modell liebevoll zusammensetzte. Im Zentrum des Raums steht ein eigens konstruierter Apparat aus Seilzügen, Federn und Schwungrädern, an dem Kinder ziehen und kurbeln dürfen. Denn „Crazy Machines!?“ versteht sich nicht als statische Bücherpräsentation, sondern als Experimentierfeld für Neugier und Fantasie.
Darüber hinaus schwingen größere Frage mit: Was treibt Menschen an, Maschinen zu erfinden, die zunächst völlig nutzlos erscheinen? Und warum wird das „Verrückte“ später oft zur Selbstverständlichkeit? Antworten gibt die Ausstellung mit Humor, Scharfsinn – und moderner Technik. Über eine von Studierenden des Tecnológico de Monterrey in Mexiko entwickelte Augmented-Reality-App können junge Besucher mit Tablets in Bücher eintauchen und Figuren begegnen. Die Roboter Tin und Pin führen als virtuelle Reiseführer durch dieses digitale Abenteuer, das nahtlos mit der analogen Welt zu verschmelzen vermag.
Ein besonderer Fokus liegt auf Erfinderinnen. Bücher wie „Girls think of everything“ von Catherine Thimmesh oder „Rosie Revere, Engineer“ von Andrea Beaty erzählen von Frauen, die Technikgeschichte schrieben – oft gegen vehemente Widerstände. Drei Tafeln appellieren daher an den Nachwuchs: „Sei neugierig! Sei einfallsreich! Sei entschlossen!“ Und als Motto: „Denk über den Tellerrand hinaus! Kämpfe für Anerkennung!“ Die Ausstellung erinnert daran, dass viele bahnbrechende Ideen – vom Flugzeug bis zum Computer – einst als absurde Hirngespinste galten. „Verrückt“, so scheint die Botschaft, ist oft nur ein anderes Wort für „visionär.“
Zwischen Schreibmaschine, Kinderstuhl, Leseecke und Flipchart lädt „Crazy Machines!?“ zum Staunen und Ausprobieren ein – auf kleinem Raum entfaltet sich ein Kosmos aus Forschergeist, Handwerk und Lesefreude, in dem man nur zu gern verweilt. Wer danach wieder in den Burghof tritt, sieht die Welt womöglich ein bisschen anders: als Werkstatt voller Ideen, die nur darauf warten, entdeckt zu werden. Oder, in den Worten der Ausstellung selbst: Erfinden ist, wenn Fantasie Wirklichkeit schraubt.ANNA BEKE
Bis 31. Oktober 2026,
täglich außer an Feiertagen 10 bis 16 Uhr, Sa. und So. 14 bis 17 Uhr.