INTERVIEW

„Ein Fels mit Seele“

von Redaktion

Sigi Zimmerschied über die Schauspielerei und seine Rolle in „Sturm kommt auf“

Stark: Sigi Zimmerschied als Silvan Heingeiger. © ZDF

Regelmäßig war der Passauer Kabarettist Sigi Zimmerschied in den vergangenen Jahren als Schauspieler im Einsatz, zumeist in Krimis und Krimikomödien. Im ZDF-Epos „Sturm kommt auf“ von Matti Geschonneck verkörpert der 72-Jährige einen oberbayerischen Bauern und Dorfbürgermeister, der erkennen muss, dass sein Sohn ein Nazi ist. Gestern Abend lief der Film im Zweiten, jetzt ist er in der Mediathek abrufbar.

Herr Zimmerschied, zwei der Hauptfiguren im Film werden von Schauspielern verkörpert, die sich vor allem als Kabarettisten einen Namen gemacht haben: Sie und Josef Hader. Sind Kabarettisten die besseren Schauspieler?

Ich glaube nicht, dass Kabarettisten die besseren Schauspieler sind, mit Sicherheit aber sind Schauspieler die schlechteren Kabarettisten. Und somit fehlt ihnen manchmal in den entscheidenden Momenten das radikal Intuitive. Ich habe in meinen Soloabenden an die hundert Figuren entwickelt und gespielt. Wir surfen einfach schneller im Labyrinth der Seele. Und ich nähere mich den Figuren nicht über Kindheitserlebnisse, Gerüche oder Coaching an. Ich mutiere. Fragen Sie mich nicht, wie das geht. Es geschieht einfach.

Wie würden Sie Ihre Figur des Silvan Heingeiger in wenigen Worten beschreiben?

Silvan Heingeiger ist ein Fels mit Seele. Ein Batzen Mensch, der zu einem Häufchen wird.

Wie blicken Sie selbst auf die Zeit zwischen dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Beginn der Nazi-Diktatur? War das katholische Altbaiern besonders anfällig für die braune Ideologie – oder im Gegenteil eher nicht?

Mein Großvater war religiös. Und genau das war der Grund, warum er erst auf dem Sterbebett in die Partei eingetreten ist. Umgeben und gedrängt von allen Mitläufern, die jede Verwandtschaft hergibt. Nein, ich glaube nicht, dass es die Katholiken waren. Die Opportunisten waren der Nährboden.

Man zieht bei manchen Szenen unwillkürlich Parallelen zu heute. Sehen Sie mit Blick auf die AfD die Gefahr, dass sich Geschichte wiederholt?

Die Parallelen sind augenfällig. Aber wir haben vermieden sie mitzuspielen. Das würde keine Figur aushalten.

Die nicht sehr freundlichen Worte Heingeigers über die katholische Kirche könnten auch vom Kabarettisten Sigi Zimmerschied stammen. Haben Sie sich mit der Kirche ausgesöhnt?

Wenn Aussöhnung bedeutet, dass ich mit dem Passauer Bischof nach einer Vorstellung von mir Rotwein trinke und wir die Gräben, die trotz allem zwischen uns liegen, mit Sprache füllen, dann ja. Ich werde den Teufel tun und mich zum Sklaven meiner ehemaligen Feindbilder machen.

Man sieht Ihre Figur im Film oft ein Pferdefuhrwerk steuern. Sind Sie selbst gefahren? Haben Sie damit Erfahrung?

Ich hatte immer einen großen Respekt vor Pferden. Aber ja, ich bin selbst gefahren. Ich hatte einen dreitägigen Lehrgang mit einem geduldigen Kutscher und zwei prächtig ausgebildeten Pferden. Und wie gesagt – ich mutiere. Wenn‘s sein muss, auch zum Kutscher.

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