Museumschef Anton Biebl. © as
Minister Markus Blume. © ms
Historikerin Meike Hopp. © ZI
Viel Wirbel gab es um die Häuser der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. © Koyupinar
Die Vorwürfe waren massiv. Unrechtmäßige Einbehaltung von NS-Raubkunst, Sicherheitsmängel, sexuelle Übergriffe von Mitarbeitern. „Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen haben in diesem Jahr keine Schlagzeilen gemacht mit dem, für das sie eigentlich da sind – nämlich Menschen für Ausstellungen zu begeistern“, formuliert es Kunstminister Markus Blume gestern Vormittag im Bayerischen Landtag. Gemeinsam mit Anton Biebl, Direktor der Staatsgemäldesammlungen, und Wissenschaftlerin Meike Hopp stellte Blume die Ergebnisse der internen und externen Untersuchungen vor, die in den vergangenen Monaten in den öffentlichen Museen durchgeführt worden sind. Sein Fazit: „Es gab keinen Skandal.“
Die Kritik soll zum Neuanfang führen
Tatsächlich zeigten die abschließenden Untersuchungsberichte, dass es ein „komplettes Organisationsversagen“, von dem medial berichtet worden war, nicht gegeben habe. Sicherheitsmängel oder Schwarzarbeit hätten nicht festgestellt werden können. Sexuelle Belästigung von Besuchern durch das Sicherheitspersonal hingegen schon. Dabei habe es sich um Mitarbeiter einer Fremdfirma gehandelt, die mittlerweile nicht mehr in den Häusern der Staatsgemäldesammlungen tätig seien.
Bleibt das Thema, das für besonders große Aufregung gesorgt hatte. 80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg sollen, so der Vorwurf, noch immer etliche Werke, die jüdischen Eigentümern im Nationalsozialismus weggenommen oder unter Zwang abgepresst worden waren, in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen (BStGS) lagern oder ausgestellt sein. Bewusst würde gar jede Forschung über die Provenienz, also die Herkunftsgeschichte der Objekte, zurückgehalten, um sie nicht möglicherweise Erbberechtigten zurückgeben zu müssen. Eine Unterstellung, die nicht bestätigt werden könne, betont Meike Hopp. Mit einem international besetzten Team hat die renommierte Kunsthistorikerin überprüft, wie es tatsächlich um die Provenienzforschung in den BStGS bestellt ist. Und kommt zu dem Ergebnis, dass sie über die vergangenen zwei Jahrzehnte hinweg „durchwegs eine solide Recherchepraxis und methodische Tiefe“ aufweise. „Wo im nationalen wie internationalen Kontext bereits fachliche Standards bestehen, insbesondere auch im Hinblick auf wissenschaftliche Sorgfalt und quellenbasierte Arbeitsweise, werden diese konsequent eingehalten.“ Das Problem sei also nicht fehlender Wille, NS-Raubkunst aufzuspüren – es fehle an einer transparenten Vorgehensweise in der Priorisierung der zu untersuchenden Werke und es herrsche eine „inkonsistente Kommunikation von Forschungserkenntnissen nach außen“.
Einer der Gründe dafür: zu wenig geeignetes Personal. Wo wissenschaftliche Untersuchungen projektfinanziert werden, fehlt es naturgemäß an Kontinuität und klaren Strukturen. Fünf neue Stellen wurden in diesem Zusammenhang bereits geschaffen, außerdem Sondermittel zur Verbesserung der Provenienzforschung in Höhe von einer Million Euro bereitgestellt. Und so könnte die Aufmerksamkeit, die durch die kritischen Berichte auf die Staatsgemäldesammlungen gelenkt wurde, auch die Chance für einen Neuanfang sein. „Mit ausreichend Personal, digitalen Ressourcen und fachlicher Kontinuität kann Bayern deutschlandweit Standards mit etablieren, die Vorbildcharakter haben“, sagt Meike Hopp. Und betont gleichzeitig: „Es wird für die Glaubwürdigkeit staatlicher Institutionen entscheidend sein, dass die Provenienzforschung zeitnah konkrete und nachvollziehbare Fortschritte erzielt. Nur so lässt sich dem historischen Unrecht heute angemessen begegnen.“KATJA KRAFT