Das Aschenbrödel tanzt Micaela Romano Serrano.
Bringt die Fantasie der Zuschauer zum Fliegen: Karl Alfred Schreiner, Ballettchef des Münchner Gärtnerplatztheaters. © Fotos: Markus Tordik/Marie-Laure Briane
„Aschenbrödel“– ein Märchen für die ganze Familie. Erst recht, wenn gestaltet vom Tanzensemble des Münchner Gärtnerplatztheaters. Denn Tanzchef Karl Schreiner holt jetzt die schon vielfach erzählte Geschichte vom geschundenen Stiefkind, das in der Asche schlafen muss, in unsere Gegenwart.
Historische Quellen für alle Choreografen waren das Märchen „Cendrillon“ (1697) des Franzosen Charles Perrault und „Aschenputtel“ in der Märchensammlung der Brüder Grimm (1812-1858). Und Überraschung: Bereits 1813 brachte Louis Antoine Duport in Wien ein „Aschenbrödel“-Ballett heraus. Es folgten – um nur einige zu nennen! – weitere von Petipa, Cecchetti und Iwanov in St. Petersburg 1893, von Fokine für die Ballets Russes 1938, von Rostislaw W. Sacharow – zu Prokofjew! – im Moskauer Bolschoi-Theater 1945, von Frederick Ashton in London 1948, von Victor Gsowsky in München 1951.
Die Choreografen wählten ihre Komponisten, beziehungsweise Musiken nach jeweils eigenem Ermessen. Wie schon Joseph Haßreiter 1908 für sein Wiener „Aschenbrödel“ entschied sich Karl Schreiner vom Gärtnerplatztheater nun für Johann Strauß jr. Der Komponist habe bei seinem Tod 1899 ein „Aschenbrödel“-Fragment hinterlassen, erzählt Schreiner. Da sind ganz gewiss beschwingte Melodien zu erwarten. Inhaltlich hat der Ballettchef einige Änderungen vorgenommen „Es gibt nur vier Familienmitglieder: Aschenbrödel, die Stiefmutter und ihre beiden Kinder. Aber diese Frau ist nicht wirklich böse. Als Alleinerziehende ist sie schlicht überfordert und rastet schon mal aus“, erklärt Schreiner.
Und die königliche Familie? „Das sind nur der König und sein Sohn. Als Erbe hat der junge Prinz die Last, sich vorzubereiten auf den Thron, also auf die Regierungsgeschäfte. Er fühlt sich überfordert und flüchtet sich in eine Fantasiewelt.“ Ebenfalls überlastet, das wissen Märchen-Fans, ist ja auch Aschenbrödel. Schreiners Resümee: „Hier treffen sich zwei Menschen, die gefühlsmäßig ähnlich gelagert sind. Das ist doch genau so, wie es in den heutigen Familien oft der Fall ist.“ Natürlich gibt es für Prinz und Brödel, umgeben von Feen und magischen Tieren, ein Happy End. MALVE GRADINGER
Premiere
ist morgen Abend, 19.30 Uhr; Karten unter 089 / 21 85 19 60 oder per E-Mail an
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