Eine Herzenssache

von Redaktion

Pianist Georgijs Osokins feiert den 90. Geburtstag von Arvo Pärt

Georgijs Osokins gratuliert Arvo Pärt. © Marco Borggreve

Klickzahlen scheinen heute das A und O zu sein, wenn man über die Relevanz von Kunst und Medien diskutiert. Wobei die Zahlen hin und wieder Überraschungen bereithalten. Denn auf den Musik-Plattformen mischt beispielsweise ein Name ganz vorne mit, den viele wohl nicht auf der Rechnung haben. Es ist der 1935 in Estland geborene Arvo Pärt, der auf der Liste der meistgestreamten lebenden Komponisten lediglich von Hollywood-Legende John Williams übertroffen wird.

Zu Pärts 90. Geburtstag präsentiert der lettische Pianist Georgijs Osokins morgen in der Allerheiligen-Hofkirche eine liebevolle Hommage, die einerseits die musikalische Entwicklung des Komponisten nachzeichnet, ihn aber andererseits mit Kollegen in Kontext setzt, die seine Werke beeinflussten. Für Osokins ist dieses Programm, ebenso wie das parallel eingespielte Album, eine Herzensangelegenheit – geprägt von mehreren persönlichen Begegnungen mit dem Idol. Dabei war es vor allem ein Satz, der besonders im Gedächtnis blieb: „Ohne Liebe bleibt nur der Tod.“ Ein Credo, das für Osokins auch seine eigene Einstellung zum Musizieren auf den Punkt bringt. „Wenn man nicht jede einzelne Note umarmt und die Stille zwischen den Tönen nicht ebenso fühlt, dann gibt es eigentlich keinen Grund, auf die Bühne zu gehen. Das ist eine Frage des Respekts. Vor dem Publikum, aber auch vor der Musik.“

Mindestens so wichtig war auch die Begegnung mit Geiger Gideon Kremer, einem der wohl prominentesten Fürsprecher Pärts, der den jungen Kollegen noch tiefer in das Schaffen des Komponisten eintauchen ließ. „Wir haben oft zusammen musiziert. Und er war sowohl auf als auch abseits der Bühne für mich ein wichtiger Führer, der mir gezeigt hat, wie man seinen Weg durch Arvos Klangwelten findet.“

Die Werke des tiefgläubigen Komponisten sind für Osokins in der Allerheiligen-Hofkirche nahezu ideal aufgehoben. „Ich spiele gern in Kirchenräumen und bin auch hier schon einmal mit Gidon Kremer aufgetreten. Es ist wirklich ein besonderer Ort. Das Programm selbst würde ich aber weniger als religiös, sondern eher als spirituell bezeichnen. Denn Religion wird leider oft missbraucht, um die Menschen zu spalten. Natürlich ist es ein wichtiger Aspekt in Arvos Werken, aber man muss nicht gläubig sein, um in seiner Musik etwas zu finden, das einen bewegt.“

Berühmt wurde der Komponist vor allem durch große meditative Chorstücke. Doch auch das Klavier zieht sich als eine Art roter Faden durch Pärts Schaffen, wie Georgijs Osokins im Gespräch betont. „Das beginnt mit dem berühmten ‚Für Alina‘ von 1976, das ich schon in meiner Studienzeit lieben gelernt habe. Es ist zwar noch nicht der Pärt, den wir von seinen späteren Werken kennen. Aber gerade deshalb fand ich es spannend, beide Seiten in einem Konzert zusammenzubringen.“ TOBIAS HELL

Konzert

Georgijs Osokins spielt morgen, 20 Uhr, in der AllerheiligenHofkirche; Karten unter
www.muenchenticket.de.

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