Hartes Thema in Rosa geschmolzen: Mark Bradfords „Borsa“ erzählt vom Dasein im Gefängnis. © Mark Bradford
Die futuristische Architektur sorgt für spannende Sichtachsen. © NOSHE
Kraftvoll: Monica Bonvicinis „In my Hand“. © Sebastian Schaub
In diese Gläser kann man gar nicht zu tief schauen. Sie berauschen, doch auf die gute Art. Fasziniert blickt man sich in der neuen Ausstellung der Alexander Tutsek-Stiftung um. Was für Meisterwerke der Glaskunst hier versammelt sind. Welch eine Vielfalt an Themen, Formen, Farben. Und immer wieder fragt man sich: Wie zur Hölle haben die 50 Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt diese Werke aus solch filigranem Material geschaffen?
Seit 25 Jahren gibt es die gemeinnützige Stiftung von Alexander Tutsek und EvaMaria Fahrner-Tutsek. Ihre Vision: eine lebendige Kunst- und Wissenschaftswelt zu fördern, die den gesellschaftlichen Fortschritt vorantreibt. Denn das tut gute, relevante Kunst: nachspüren, was ist, vortasten, was sein könnte. „Future Horizons“ haben die Kuratorinnen Petra Giloy-Hirtz und Eva-Maria Fahrner-Tutsek die Jubiläumsschau denn auch überschrieben. Zukunftsperspektiven. Das passt zu den Werken und das passt zu der gelungenen Architektur, die hier geschaffen wurde. Spannende Sichtachsen sorgen für spannende Begegnungen. Auf zwei Ebenen. Der untere Bereich des Hauses hat sich in einen futuristisch anmutenden, in Silbertönen gehaltenen Raum gewandelt. An der Seite ein überdimensionierter Guckkasten. Durch Spiegel in der Rückwand kann man die Glas-Skulpturen von allen Seiten betrachten – ohne das Risiko, sie zu zerdeppern.
Diese Sammlung, diese Ausstellung bringt sie alle zusammen. Diejenigen, die nur dann und wann mit Glas arbeiten und sich dafür professionelle Helfer suchen. Und solche, die sich gänzlich diesem besonderen Werkstoff verschrieben haben, damit experimentieren, die Grenzen mitunter radikal austesten. Der japanische Künstler Yoshiaki Kojiro beispielsweise. Seine Glasskulptur „Hatate II“ wirkt wie der abgeschlagene Block eines Eisbergs. Doch hier schmilzt nichts, keine Wasserlachen auf dem Galerieboden zu befürchten. Ein Meisterwerk.
Das gerade im Zusammenspiel mit den anderen Arbeiten, die alle auf solch unterschiedliche Weise gefertigt wurden, vor Augen führt, wie vielfältig der Werkstoff Glas ist. Mal dünn und zerbrechlich, dann wieder massiv; mal opak, also lichtundurchlässig, dann wieder transparent oder je nach Sonneneinstrahlung in allen Tönen schimmernd.
Im zweiten Ausstellungsbereich erwartet einen eine wahre Explosion der Farben. Auf einer pinken Anrichte, die sich durch den gesamten Raum zieht, thronen Objektkunstwerke unterschiedlicher Art. Unter jedem ein individuelles Stützbein, einem Sockel gleich. Die rosafarbene Einkaufstasche etwa, die der US-amerikanische Künstler Mark Bradford 2023 im Stil venezianischer Glaskunst geschaffen hat. Darauf eingraviert Strichmarkierungen – ein Verweis auf die Gefängnisarbeit in Venedig, bei der ähnliche Taschen hergestellt werden. Ein hartes Thema in Rosarot geschmolzen.
Darauf treffen die Werke von Masayo Odahashi. „Calm of Water V“ hält, was der Titel verspricht. Eine Frau aus Glas, den Blick auf die Hände gerichtet, die aussehen wie mit Wasser gefüllt. „Die Ruhe des Wassers“ überträgt sich sofort auf den Betrachter. Meditativ, zärtlich, schön. Eine Wohltat, die man sich gönnen sollte.KATJA KRAFT
Bis 28. Mai
So. bis Do. 10 bis 18 Uhr, Eintritt frei; Georg-Muche-Straße 4.