Das Ed-Experiment

von Redaktion

Sheeran probiert bei seinem „kleinen“ Konzert in der Olympiahalle allerhand aus

Ed Sheeran tritt am 3. Dezember in der Olympiahalle in München auf. © IMAGO/A. Pérez Meca

Manchmal schadet es nicht, sich vorher zu informieren, sagt Ed Sheeran. Hätte er vor dem Konzert in Paris Anfang dieser Woche gewusst, dass „Merry Christmas“ in Frankreich kein Hit war, hätte er ein anderes Lied für die letzte Zugabe gewählt. „Es ist blöd, wenn die Leute den letzten Song nicht kennen und nicht mitsingen können. Aber aus Fehlern lernt man.“ Nun ist es nicht so, dass Sheeran zwingend Lernbedarf hätte. Die „Play Tour 2025“, benannt nach dem aktuellen Album, ist im Wortsinn zum Spielen da. Und für allerlei Experimente. In der ausverkauften Olympiahalle lotet der britische Superstar am Mittwochabend beim einzigen Deutschlandkonzert der fünf Tourstops aus, was geht, was gefällt.

Kann man ein Publikum mehrstimmig singen lassen? Man kann, der Opener „Give me Love“ ist der Beweis. Sheeran teilt die Halle wie Moses das Meer, und gemeinsam singen sie Harmonien. Von einer Bühne mitten in der Arena nimmt er beim Aufwärmprogramm für die große „LOOP Stadium Tour“, die im Januar in Australien startet, Abstand. Das runde Podest, auf dem sich der Sänger bei Stadionkonzerten konstant im Kreis dreht, hat er dennoch dabei, ohne Dreheffekt. Ein bisschen Licht, eine große Leinwand, kein Schnickschnack. An eine feste Setlist halte er sich übrigens auch nicht, man solle sich bitte nicht wundern.

Ed Sheeran ist seine eigene Band. Gitarre. Keyboard. Stimme. Und natürlich die Loop-Maschine. Schicht für Schicht baut er die Songs auf. Hier ein Rhythmus, da eine Hook, dazwischen mehrstimmiger Gesang. Spannend, wie die großen Hits Gestalt annehmen: „Shivers“ erkennt das Publikum sofort an den punktuellen Synthie-Lauten und jubelt. Bis sich „Shape of You“ zu erkennen gibt, braucht es einen Moment. Und „Don‘t“ lässt sich schon beim überlagerten Background-Gesang identifizieren. Braucht er Unterstützung, bittet er seine Vorgruppe Beoga auf die Bühne, die mit ihm unter anderem „Galway Girl“ performt, klar, sonst würde dem Lied das wilde Gefiedel fehlen.

Er wolle die Balance zwischen energiegeladenen Songs und ruhigen Liedern finden, sagt er. Überhaupt erzählt Ed Sheeran viel an diesem Dezemberabend. Dass in seinem ersten Hit „The A-Team“ erst niemand Potenzial sehen wollte und ihn dieses Lied deshalb bis heute begleitet wie ein guter Freund. Wie „I see Fire“ entgegen seinen Erwartungen der erste große Hit in Deutschland wurde. Vom Gerichtsverfahren, in dem er sich erfolgreich gegen Plagiatsvorwürfe wehrte – „eine ganz und gar ungute Erfahrung“. Auch von der Angst, dass nach dem ersten Hit kein weiterer folgen könnte, und er deshalb Songs für andere Künstler schrieb. Er performt die bekanntesten direkt als Medley, „Eastside“, „2002“, „Little Things“ und „Love Yourself“.

Ed Sheeran interagiert mit seinem Publikum, als wäre er frei von jedem Druck. Da ist nichts gestellt. Zwei winzige Verhaspler an der Loop-Maschine können er und seine Fans weglachen. Die Atmosphäre ist gelöst, als schaue der Superstar mal eben im kleinen Kreis von 12 000 Freunden für eine ungezwungene Probe vorbei. Mit der letzten Zugabe hat Ed Sheeran in München übrigens Glück: „Merry Christmas“ war ein Hit in Deutschland, alle singen mit. Nach über zweieinhalb Stunden endet der Abend im musikalischen Versuchslabor mit ohrenbetäubendem Jubel. Experiment geglückt!K. BRACK

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