Goldjunge in Topform

von Redaktion

Superstar Rod Stewart bringt die Münchner Olympiahalle zum Beben

Glitzersakko, enge Hose, Rüschenhemd: Wo Rod Stewart drauf steht, ist Rod Stewart drin. © Martin Hangen

Wie eine gut geölte Maschine spielte die Band um Stewart in der Münchner Olympiahalle. © Martin Hangen

Wäre ja gelacht. Wenn Rod Stewart möchte, dass die rund 12 000 Menschen in der ausverkauften Münchner Olympiahalle den kompletten Refrain von „I don’t want to talk about it“ singen, dann singen alle ohrenbetäubend mit. Und weil der Sänger seinen eigenen Einsatz danach verpatzt, macht es der Saal auf Kommando eben noch einmal. Man tut, was Rod will, weil der dafür bietet, was die Menschen erwarten: eine makellose Show mit seinen größten Hits. „One more Time“ ist die Tournee betitelt, weil der mittlerweile 80-Jährige angeblich keine großen Konzertreisen mehr unternehmen wird.

Wie immer zappelt der Brite rastlos über die schön gestaltete Bühne und wirft sich mit Inbrunst und dieser unvergleichlichen weißen Soulstimme in eigene und fremde Lieder. Natürlich ein bisschen weniger manisch als in vergangenen Jahren. Und ab und zu darf die – exzellente – Band auch mal ein bisschen länger ohne ihn spielen. Stewart muss halt öfter durchschnaufen. Er nutzt die Pausen effizient, um sich umzuziehen, vier Mal insgesamt. Glitzersakkos, enge Hosen, Rüschenhemd, das ganze Programm. Wo Rod Stewart draufsteht, ist Rod Stewart drin, also pures Entertainment. Dafür fährt der Mann auf, was geht. 13-köpfige Band, aufwendige Videoeinspielungen, Sängerinnen, Stepptanz-Einlagen, Harfe, Geigen, Saxophon, Banjo, Mandoline, manchmal drei Schlagwerker beziehungsweise Schlagwerkerinnen gleichzeitig bei der Arbeit. Wäre das Dudelsack-Orchester, das beim Intro „Scotland the Brave“ zu hören ist, auch noch aufmarschiert, es hätte einen nicht einmal überrascht.

Die Aufführung rollt wie eine gut geölte Maschine. Die Arrangements sind funktional, aber raffiniert, erkennbar steckt da viel Arbeit in der scheinbar mühelos daherkommenden Hit-Revue. Und Hits hat Stewart in seiner Karriere, die bald sechs Jahrzehnte währt, ausreichend angesammelt. Schon ab Lied zwei, „Tonight I’m yours“, hält es kaum einen auf den Sitzen, die Halle ist bereit und Stewart freut es sichtlich. Den Ehrgeiz, den Menschen einen unvergesslichen Abend zu liefern, hat er auch mit 80 Jahren noch.

Und natürlich gelingt es ihm. Die Stimme hält, auch wenn sie nun noch rauer klingt, die Frisur sitzt sowieso, aber das größte Wunder ist nach wie vor, wie virtuos es Stewart schafft, sich ein bisschen zum Affen zu machen, ohne je albern zu wirken. Er kommt wie ein Junge daher, der einfach Spaß haben will, und der weiß, dass er viel Glück hatte. „Some Guys have all the Luck“, nur Rod Stewart kann so etwas mit schiefem Grinsen singen und dafür Applaus bekommen. Zwischen die eigenen Klassiker streut Stewart ein paar Soul-Juwelen von Etta James oder Curtis Mayfield ein – offenkundig, weil ihm etwas an den Liedern liegt. Und trotz der demonstrativen Lässigkeit ist er ein disziplinierter Handwerker, der weiß, dass man sich sein Publikum jeden Abend hart erarbeiten muss.

Und wenn man dafür zu unlauteren, aber wirksamen Tricks greifen muss, macht er das eben. „München ist das beste Publikum in ganz Deutschland“, lässt er eine seiner Musikerinnen übersetzen, mutmaßlich hat er den Leipzigern und Mannheimern schon das Gleiche erzählt. Egal, Rod Stewart darf das, er ist eben ein Lad, was mit „Kumpeltyp“ nur unzulänglich übersetzt ist. Er ist die Art Lad, dem man es nicht übelnimmt, wenn er einen auf eine Runde Bier einlädt und sich absetzt, wenn die Rechnung kommt. Er darf uns auch vorflunkern, dass er gerade das beste Publikum dieses Planeten erlebt hat. Und wir freuen uns, wenn er uns schon mal vorsorglich ein frohes Fest und ein gutes neues Jahr wünscht. Ist alles Show und ist alles in Ordnung, weil es eine gute Show ist. Hach, wir werden ihn vermissen, falls er wirklich Ernst macht. Aber vielleicht war das alles auch nur ein Showtrick, wer weiß das bei ihm schon. Wenn er doch wieder kommt, sind wir wieder dabei, das beste Publikum Deutschlands.ZORAN GOJIC

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