Provokation als Masche

von Redaktion

Die Böhsen Onkelz bieten 150 Minuten Hardrock in der ausverkauften Münchner Olympiahalle

Ein Heer von schwarzen Bandshirts flutet schon vor Konzertbeginn sämtliche Wege zur an zwei Tagen hintereinander ausverkauften Olympiahalle. Der Böhse-Onkelz-Schlachtruf „Verhasst, verdammt, vergöttert“ prangt auf jedem zweiten Rücken und fasst die kontroverse Band bestens zusammen. Auf der einen Seite stehen ihre rechtsradikalen Skandal-Texte aus den 1980ern und das öffentliche Abstandnehmen von der eigenen Vergangenheit in den späteren Jahren. Gleichzeitig wird die wütende Hardrock-Band mit ihrem rauen Gesang von vielen Fans innig geliebt. Die Stimmung ist deshalb euphorisch, immer wieder branden lautstarke „Oh wie ist das schön“-Chöre durch die Halle.

Reichlich deplatziert wirken hingegen die belanglosen Ansagen von Texter Stephan Weidner, die provozieren sollen, aber ohne Ziel daherkommen: „Alles scheiß egal, Mitte, links, rechts – wir gehören zu keinem System. Das Einzige, was zählt, ist unsere Freiheit.“ Genau dieses Zelebrieren des gemeinsamen Außenseitertums ist eines der Erfolgsgeheimnisse der Band. Was die Botschaft bei Ansagen wie „Hört auf, euch einschüchtern zu lassen von Gesellschaften, Systemen. Es ist alles eine Lüge!“ sein soll, bleibt allerdings offen. Als Reaktion gibt es lediglich Jubel und Bierfontänen zu beobachten, die den kratzigen Song „Lüge“ begleiten. Es wirkt, als sei den meisten Fans der politische Inhalt des Gesagten egal, denn sie sind an diesem Abend hier für Gröl-Hymnen wie „Mexico“ und „Auf gute Freunde“.

Wie fast immer spielt die Band den ehemals indizierten Song „Der nette Mann“, der aus der Perspektive eines Kindermörders erzählt. Aber auch diese Textzeilen wirken im Jahr 2025 kaum provokant, sondern einfach geschmacklos. Mehr als 150 Minuten Hardrock bieten die Frankfurter ihren Fans, ehe der bierselige Abend ohne Skandale mit „Erinnerungen“ endet.MICHAEL HELLSTERN

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