Bandleaderin und Saxofonistin: Silke Eberhard. © Sermokas
Fünf Bläser, dazu eine um Vibrafon und fünfsaitiges Cello erweiterte Rhythmusgruppe – das Tentett Potsa Lotsa XL ist die zahlenmäßig stärkste der diversen von der umtriebigen Altsaxofonistin Silke Eberhard geleiteten Formationen. Reichlich Papier liegt auf den Notenständern im Münchner Kulturzentrum Schwere Reiter – diese Band ist vor allem ein Vehikel für die kompositorischen Ambitionen der vielseitigen Wahl-Berlinerin.
Dass das Programm „Amoeba’s Dance“ heißt und von Eberhards Faszination für Amöben inspiriert wurde, muss man für die genussvolle Rezeption der vielfarbig schillernden Musik nicht wissen, macht aber im Kontext durchaus Sinn. Amöben sind ja einzellige Kleinstlebewesen, die sich fortbewegen, indem sie ihre Form verändern. Bei Potsa Lotsa XL verbinden sich zehn exzellente Musiker zu einem äußerst beweglichen mehrzelligen Organismus, der permanent seine klangliche Erscheinungsform modifiziert.
Da löst sich etwa aus einem komplex notierten Bläsersatz mal eine solistische Stimme, um kurz die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, ehe sich Vibrafon und Klavier ein hitziges Streitgespräch liefern, bis die anderen wieder einfallen und eine kurze Kollektivimprovisation ins nächste notierte Thema mündet. Von insgesamt 18 kompositorischen Zellen sind jeweils mehrere zu Mini-Suiten zusammengefasst. Zur gelungenen Gesamtdramaturgie trägt ganz wesentlich Silke Eberhards Geschick bei, das Ensemble zwischen den fulminanten Tutti immer wieder in kleinere Organismen aufzulösen.
So klingt ambitionierter, intelligent strukturierter Gegenwartsjazz auf der Höhe der Zeit.REINHOLD UNGER