NACHRUF

Er schuf Kino für die Ewigkeit

von Redaktion

Rob Reiner machte menschliche Dramen zu Blockbustern

Reiner, Morgan Freeman und Jack Nicholson. © T. SCHWARZ

„Misery“ mit Kathy Bates und James Caan. © Nz/p. alliance

„Ich nehme das, was sie hat“: Sally (Meg Ryan) und Harry (Billy Cristal) erregen Aufsehen. © Columbia Pictures/picture alliance

Ermordet: Regisseur Rob Reiner und seine Frau Michele Singer. © Peter Foley/dpa

Ein Regisseur muss sich daran messen lassen, wie viele Menschen sich an seine Filme erinnern. An Rob Reiners Filme erinnert man sich: Die Restaurant-Szene mit Meg Ryans gespieltem Orgasmus in „Harry und Sally“, die vier verlorenen Buben auf der Eisenbahn-Schiene in „Stand by me“, Katy Bates als durchgeknallte Krankenschwester mit Vorschlaghammer in „Misery“. Der Generation der zwischen 1970 und 1980 Geborenen haben sich diese Bilder auf ewig eingebrannt, denn Rob Reiner hat Kino zum unvergesslichen Erlebnis gemacht. Nun ist er im Alter von 78 Jahren gestorben, gemeinsam mit seiner Frau Michele Opfer eines Doppelmords offenbar durch den eigenen Sohn (siehe unten).

Hollywood steht unter Schock. Er sei „entsetzt“, schrieb der Schauspieler Elijah Wood auf der Plattform X. Ähnlich äußerten sich die Schauspieler James Woods und Roseanne Barr. „Rob Reiner ist eine der bedeutendsten Persönlichkeiten in der Geschichte von Film und Fernsehen. Sein Einfluss auf die amerikanische Kultur kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden“, teilte Sean Astin, der Vorsitzende der US-Schauspielgilde, mit. Auch Politiker reagierten betroffen auf die Nachricht: „Michelle und ich sind untröstlich über den tragischen Tod“, schrieb der frühere US-Präsident Barack Obama. „Hinter all den von ihm geschaffenen Geschichten stand ein tiefer Glaube an das Gute im Menschen.“ Die frühere US-Vizepräsidentin Kamala Harris, Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom und die Ex-Sprecherin im US-Repräsentantenhaus Nancy Pelosi sprachen der Familie ihr Beileid aus.

Reiners Regie-Karriere startete 1984 mit einem Kultklassiker: „This is Spinal Tap“ tarnte sich als Dokumentation über eine tollpatschige Heavy-Metal-Band und war so urkomisch und erfolgreich, dass die Schauspieler daraufhin wirklich als Spinal Tap auf Tour gingen. Der Filmemacher war zuvor selbst auf der anderen Seite der Kamera gestanden: Der Sohn des Regisseurs und Schauspielers Carl Reiner verkörperte von 1971 bis 1978 Michael „Meathead“ Stivic in der Sitcom „All in the Family“, er gewann zwei Emmy-Awards und erhielt fünf Golden-Globe-Nominierungen.

Ab Mitte der Achtziger wurde alles, was Reiner anfasste, zu Gold: „Harry und Sally“ erfand das Genre der Romantic Comedy, wie wir sie heute kennen. Stephen King nannte „Stand by me“ die erste gelungene Verfilmung eines seiner Romane, eine weitere ist sicher „Misery“, für den Kathy Bates den Oscar und den Golden Globe als beste Hauptdarstellerin gewann. Der Gerichtsfilm „Eine Frage der Ehre“ mit Tom Cruise, Jack Nicholson und Demi Moore ließ 1992 die Kassen klingeln. Und mit „Das Beste kommt zum Schluss“ bot Reiner Nicholson und Morgan Freeman 2007 die Bühne für ein tragikomisches Buddy-Movie.

Immer wieder war der Regisseur auch in Nebenrollen zu sehen – in seinen eigenen Filmen sowie etwa als Vater von Zooey Deschanel in „New Girl“, als Vater von Leonardo DiCaprio in Martin Scorseses „The Wolf of Wall Street“ und zuletzt als Anwalt in der Serie „The Bear“. Auch politisch war Reiner engagiert, er unterstützte die Demokraten, kritisierte regelmäßig Donald Trump und setzte sich für mehr soziale Verantwortung in Hollywood ein.

Rob Reiner hat uramerikanische Settings – das Militär, den Großstadt-Dschungel, das öde Hinterland – zur Kulisse für zutiefst menschliche Dramen gemacht. Für unfassbare Grausamkeit genauso wie für die große Liebe und echte Freundschaft. So hat er Kino für die Ewigkeit geschaffen.JOHANNES LÖHR

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