„Das Stück ist hochvirtuos“: Guido Segers spielt am Wochenende das D-Dur-Konzert von Giuseppe Tartini. © Adams
Musikerinnen und Musiker aus den eigenen Reihen ins Rampenlicht zu rücken, das hat bei den Münchner Philharmonikern lange Tradition. Es ist einerseits ein Beweis der Wertschätzung für die Orchestermitglieder, aber auch eine Erinnerung für das Publikum: daran, dass der Klangkörper eben keine gesichtslose Masse ist, die durchreisende Stars bei ihren Auftritten begleitet, sondern aus vielen unterschiedlichen Individuen besteht, die ihre Instrumente ebenfalls auf höchstem Niveau beherrschen.
Bei den Konzerten am kommenden Wochenende begegnet man nun dem langjährigen Solo-Trompeter Guido Segers, der mit dem designierten Chefdirigenten Lahav Shani das Konzert in D-Dur von Giuseppe Tartini interpretieren wird. Ein Stück, dass sich der gebürtige Belgier selbst auswählte. Trotz oder gerade weil es nicht unbedingt im Kernrepertoire seines Orchesters verankert ist. „Ich habe hier unter anderem schon Werke von Haydn oder Schostakowitsch als Solist gespielt“, sagt Segers. „Und auch eine Uraufführung war mal dabei. Die meisten barocken Trompeten-Konzerte sind ja eher kurz, aber der Tartini ist wirklich hochvirtuos. Da kann man als Interpret bei aller Kürze trotzdem unglaublich viel zeigen.“
Das Werk, das ursprünglich als Violinkonzert komponiert und erst später für Trompete adaptiert wurde, reizt Segers gleich aus mehreren Gründen. „Das Instrument ist eine Piccolo-Trompete, die im symphonischen Repertoire, anders als die B- und C-Trompete, nicht so häufig zum Einsatz kommt. Vor allem aber spiele ich hier vor meinen Kolleginnen und Kollegen. Das ist schon nochmal etwas anderes, als auswärts bei einem fremden Ensemble zu gastieren. Da will man sich von seiner besten Seite zeigen.“
Trotz dieses zusätzlichen Drucks, den sich wahrscheinlich jeder in so einer Situation machen würde, zeigt sich im Gespräch dann aber doch auch eine gewisse Abgeklärtheit. „Ich fühle mich in München sehr wohl und spiele hier immer noch so gerne wie am ersten Tag. Nur heute eben mit etwas mehr Erfahrung und deutlich weniger Stress. Mittlerweile bin ich 62, da dürfen jetzt auch gerne mal die Jüngeren ran. Ich denke, dass bei den Stimmführern wirklich jeder das Potenzial hat und auch eine Chance bekommt, um sich solistisch zu präsentieren.“
Den Nachwuchs zu fördern, war Guido Segers schon immer Herzensangelegenheit. Nach seiner Ausbildung in Brüssel und Lüttich sowie Meisterkursen bei Maurice André und Roger Delmotte fing er früh zu unterrichten an. Unter anderem mit Seminaren, in denen er für Vorspiele fit machte. Und seit 2012 als Professor an der Musikhochschule Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig.
Der Wechsel zu den Philharmonikern war für ihn durchaus eine Herausforderung, aber nach 31 Jahren ist München längst zu seiner künstlerischen Heimat geworden. „Ich hatte zuvor neun Jahre im Belgischen Nationalorchester gespielt und hätte da weitermachen können. Aber da war so ein Moment, wo ich es noch einmal wissen wollte, was in der Karriere vielleicht noch drin ist.“
Die erste Probe in München mit Dirigent Gerd Albrecht ist Segers nachhaltig im Gedächtnis geblieben. „Das war eine Petterson-Symphonie und das Adagio aus Mahlers Zehnter. Das werde ich nie vergessen! Und dann kam gleich Sergiu Celibidache, den ich zum Glück noch zwei Jahre erlebt habe.“ Die Frage nach einem Ranking seiner sechs Chefdirigenten erübrigt sich natürlich. Jeder von ihnen hatte – diplomatisch gesprochen – seine Stärken, die Segers nicht gegeneinander aufwiegen möchte. Vor allem, weil es eine Konstante gab. „Dieser einzigartige Klang, den ich damals unter Celi kennengelernt habe, ist für mich immer noch da. Obwohl mittlerweile zu 90 Prozent neue Leute an den Pulten sitzen. Das kann man schwer erklären. Vor allem, wenn wir Bruckner spielen. Dieser fette Sound, das liebe ich einfach.“
Mit der Interimsspielstätte im HP8 hat sich Guido Segers angefreundet. „Ich mag die Akustik. Trotzdem mache ich mir Sorgen wegen den Sparplänen im Kultursektor. Hinter der Bühne bleibt die Isarphilharmonie eben ein Provisorium. Und wenn es mit dem Gasteig nicht irgendwann vorwärtsgeht, kann es sein, dass auch hier bald nachgebessert renoviert werden muss.“ TOBIAS HELL
Konzerte
am 19., 20. und 21. Dezember, Isarphilharmonie; www.mphil.de.