Ganz eigene Handschrift: Emma Portner. © M. Bernal
Vom vagabundierenden Leben einer Frau erzählt „Megahertz“ von Emma Portner. Am kommenden Sonntag ist Premiere im Münchner Nationaltheater. © Miljana Bernal
„Waves and Circles“ – ein verrätselt poetischer Titel, mit dem Staatsballett-Chef Laurent Hilaire zu einem Besuch seiner letzten Premiere des Jahres, ja, irgendwie geschickt verführt. „Wellen und Kreise“ – das passt zum Tanz, einer Kunst, die sich in Raum und Zeit bewegt, aber auch in einem historischen Vorwärts. Und genau dies, so jetzt die Erwartung, ist zu erleben am 21. Dezember im Münchner Nationaltheater in Hilaires Dreier-Abend.
Wir sehen Maurice Béjarts weltberühmten „Boléro“ (1961) zu Ravels gleichnamiger Komposition von 1928. Die Hauptfigur tanzt auf einem leicht erhöhten Plateau, unten umgeben von einer anfeuernden Gruppe. Béjart entwarf diese Solorolle für eine Solistin, besetzte sie später aber auch mit Männern. Eine kluge Entscheidung, die diesem Werk – je nach Besetzung – eine noch mal ganz andere Qualität verleiht. Auch beim Staatsballett wird abwechselnd mit Solisten und Solistinnen besetzt.
Der zweite große Name ist William Forsythe, von 1984–2008 Leiter des Ballett Frankfurt, weltweit und auch hierorts bekannt für seinen post-post-neoklassischen Stil. Im Repertoire des Staatsballetts sozusagen geparkt sind seine zwischen 1990 und 1999 choreografierten Werke „Limb’s Theorem“, „Artifact“ und „The second Detail“. Überraschung jetzt in dieser Triple-Bill-Premiere mit „Blake Works“, 2016 kreiert für 21 Mitglieder des Balletts der Pariser Oper.
Forsythe stellte sich in dieser Choreografie pointiert auf das balletttechnische Können des Pariser Ensembles ein. Sieben Songs aus James Blakes Album „The Colour in Anything“ liefern mit elektronischem Keyboard und synkopierter Percussion den musikalischen Ansporn. Damit wird Forsythes „frankophile“ Rückbesinnung auf die Neoklassik vielleicht eine Weihnachtsüberraschung.
Super gespannt ist man auf „Megahertz“, die Kreation der 31-jährigen Kanadierin Emma Portner, erstmals hier zu Gast. Ballettchef Hilaire: „Sie ist eine sehr junge Choreografin mit einer besonderen, ja einer ganz eigenen Handschrift.“ Ein Urteil, das sich bestätigt bei einem Blick in eine Probe. Körper verbiegen sich extrem, verknoten kompliziert Arme und Beine, auch mit dem Tanzpartner. All dies jedoch ohne je zirzensisch zu wirken. Hier trifft man sozusagen auf den Ausdruckstanz des 21. Jahrhunderts.
Kein Wunder, dass Ballettchef Hilaire sie schon vor einem Jahr einladen wollte. „Zu dem Zeitpunkt war es für mich nicht möglich“, sagt Portner: „Ich habe tatsächlich ein ganzes Jahr eine Arbeitspause eingelegt.“ Allzu verständlich. Beim Lesen ihrer Vita und den vielen artistisch verschiedenen Engagements wird einem fast schwindlig. Geboren in Ottawa, Tanztraining schon als Dreijährige, Weiterbildung im Nationalballett von Kanada. Mit 17 zieht sie nach New York. Es folgt eine Karriere mit Musik-, Film- und Ballettproduktionen, eine Reihe von Auszeichnungen inklusive.
Inspiration zu „Megahertz“ sei eine zufällig im Radio gehörte Musik gewesen. „Ja, ein Lied des britischen Musikers Paddy McAloon, das mich mit dieser Stimmung der späten Achtzigerjahre sehr berührte.“ Der in McAloons Song gesprochene Text berichtet über das vagabundierende Leben einer Frau, ist jedoch eher nur akustischer Hintergrund für Emma Portners eigene Geschichte: „Ich erzähle allerdings nicht chronologisch, sondern rufe verschiedene Bilder wach.“ Eine Solistin ist erkennbar als die tanzende Erzählerin. Was die sechs weiteren Staatsballett-ler inhaltlich verkörpern, kann das Publikum selbst in diesen 22 Minuten enträtseln.MALVE GRADINGER
Premiere
von „Waves an Circles“ ist am
21. 12., 19.30 Uhr, Karten unter
089/21 85 19 20 und
tickets@staatsoper.de