Ließ sich viele Jahre von Isolde Ohlbaum begleiten: Peter Handke. © Ohlbaum
Das Synonym für Schriftsteller-Porträtfotografie heißt – Isolde Ohlbaum. Wer ihr Schaffen seit Jahrzehnten verfolgt, ist gegen jede Logik davon überzeugt, dass sie bereits Goethe abgelichtet hat. Womöglich findet sich in ihrem Archiv, das sie jetzt an die Bayerische Staatsbibliothek übergibt, so eine Aufnahme. Nun liegt jedoch erst einmal als Buch „Peter Handke – Ein Langzeitportrait 1975-2024 mit 150 Photographien“ vor, erschienen bei Schirmer/Mosel. Der Band mit 150 Bildern erzählt nicht nur von dem österreichischen Dichter und Nobelpreisträger (Jahrgang 1942), sondern auch von der Fotografin selbst.
Im Jahr 1975 erwischt Ohlbaum Handke, wie er mit aufgekrempelten Hosenbeinen in einem französischen Flüsschen wankend watet. Er lacht ihr entgegen, die mit ihrer Kamera hantierend wahrscheinlich ebenfalls im Wasser auf den glitschigen Steinen das Gleichgewicht zu halten sucht. Viele Jahre begleitet die Fotografin den Autor.
Schnappschüsse und Gruppenfotos herrschen vor, dazwischen Einzelbildnisse Peter Handkes. Er wurde 1966 mit dem Stück „Publikumsbeschimpfung“ schlagartig bekannt, der Titel seiner Erzählung „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ wurde sprichwörtlich, seine Dramen werden gespielt und uraufgeführt (wie berichtet bei den Salzburger Festspielen 2026). Seine bezaubernden literarischen und neuerdings zeichnerischen Miniaturen werden geliebt wie so manches Drehbuch („Der Himmel über Berlin“). Das alles, obwohl er immer wieder aneckt. Auch politisch, am heftigsten mit seiner Haltung zu Serbien in der Zeit der Balkankriege in den Neunzigerjahren.
Umso spannender sind die Porträts. Ohlbaum lässt uns aus ihnen jedoch nur den gelassenen, nachdenklichen, konzentrierten Dichter herauslesen. Zusammen mit der Familie und mit anderen ist er professionell, zugewandt, herzlich, ja zärtlich. 2024 schließlich zeigt sie ihn nicht mehr auf Reisen. Als alter Mann ist er heimgekehrt. Es zählen der bescheidene Arbeitstisch in seinem Haus in Chaville bei Paris und der Blick in die intensiv aufgesogene Natur.
Isolde Ohlbaums Weg zum tiefenscharfen, ungekünstelten und respektvollen Porträtieren einer einzelnen Person, in diesem Fall Peter Handke, wird im Bildband klug und unterhaltsam abgerundet durch ihre Auswahl an Zitaten aus seinen Werken und Äußerungen: „Vor einem Fotoautomaten auf ein Foto warten; dann käme ein Foto mit einem anderen Gesicht heraus – so finge eine Geschichte an.“SIMONE DATTENBERGER
Isolde Ohlbaum:
„Peter Handke – Ein Langzeitportrait 1975-2024 mit 150 Photographien“. Schirmer/Mosel Verlag, München, 247 Seiten; 39,80 Euro.