Adrenalinstoß im Advent

von Redaktion

Das Deutsche Theater zeigt erneut das Musical „The Bodyguard“

Große Emotionen ohne Ende transportiert diese britische Tournee-Produktion. © Paul Coltas

Nostalgie bleibt Trumpf im Deutschen Theater. Denn sind wir ehrlich: Der Advent ist nicht die Zeit für Experimente. Da will das Publikum vor allem eines: große Emotionen. Und die gibt es bei „The Bodyguard“ natürlich ohne Ende. Im Heimkino ebenso wie in der Musicalfassung, die wieder im Deutschen Theater zu sehen ist. Diesmal in der britischen Tournee-Produktion. Sowie mit einem erneut leicht abgespeckten Ensemble.

Zwar war in den großen Nummern optisch schon mal mehr geboten als drei Tanzpärchen. Doch Augen und Ohren fokussieren sich eh auf die Diva des Abends. Schließlich ruht die Show in musikalischer Hinsicht voll und ganz auf den Schultern von Sidonie Smith, die gleich elf der 15 Nummern entweder im Alleingang oder im Duett raushauen darf. Ein echter Marathon zwischen Disco-Pop und Power-Balladen. Inklusive dem berühmten „I will always love you“, dem das Publikum zwei Stunden lang gespannt entgegenfiebert. Und keine Angst, Whitney Houstons Ohrwürmer sind in guten Händen: Sidonie Smith versucht erst gar nicht, das übermächtige Vorbild nachzuahmen. Sie biegt sich die Songs clever für ihre Stimme zurecht und toppt die eine oder andere Phrase auch mal spontan mit einem eigenen Riff. Wobei sie ihre Stärken in den privaten Momenten zeigen kann, wenn wir den Menschen hinter der Grammy-Gewinnerin Rachel kennenlernen. Die besorgte Mutter, die trauernde Schwester oder die Frau aus einfachen Verhältnissen, die als Kind von der Oscar-Verleihung träumte.

Vor allem aber stimmt die Chemie mit ihrem Beschützer. Adam Garcia und Sidonie Smith lassen es knistern und vermitteln glaubwürdig, wie die anfängliche Abneigung in Respekt und in Liebe umschlägt. Wobei sich der Hollywood-erfahrene Garcia ein Sonderlob für die berüchtigte Karaoke-Szene verdient hat, in der er Franks Version von „I will always love you“ zum Besten gibt. Um absichtlich so viele falsche Töne zu treffen, braucht es einen großartigen Sängerdarsteller. Wenn von großen Stimmen die Rede ist, muss unbedingt Sasha Monique erwähnt werden, die sich als Rachels Schwester nicht nur in den Duetten ideal mit Smith ergänzt. Das gemeinsame „Run to you“ ist ein Highlight. Aber mit „Saving all my love“ bekommt auch sie ihren Showstopper, der neugierig auf die Vorstellungen macht, in denen Sasha Monique in die Hauptrolle schlüpft. Nach den eher weichgespülten Adaptionen wie „Ghost“ oder „Pretty Woman“ sorgt „The Bodyguard“ im Deutschen Theater somit endlich wieder für einen ordentlichen Adrenalinstoß.TOBIAS HELL

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