AUSSTELLUNG

Wir räumen auf

von Redaktion

„Von Büchern und Bibliotheken“ in der Münchner Villa Stuck

Da sieht man mal, wie schlimm der Fachkräftemangel schon ist! Anscheinend findet das Museum Villa Stuck keine qualifizierten Leute, die sich um die Bibliothek des Hauses kümmern könnten. Dementsprechend sieht es dort auch aus wie bei Stucks unterm Sofa: die stählernen Schwerlastregale sind nur halb eingeräumt, und überall stehen unausgepackte Kartons herum, die geheimnisvolle Inschriften tragen wie „Schriftentausch Lager“. Manche der Folianten in den Kisten sind sogar noch eingeschweißt. andere Bücher wiederum liegen wild durcheinander auf Tischen verteilt.

Von diesen g’schlamperten Zuständen kann man sich jetzt selbst überzeugen. Das Museum hat aus der Not eine Tugend gemacht und seine Bibliotheksräume im zweiten Stock des Hauptgebäudes zu einer Art „Ready made“ erklärt, zu einer fast naturwüchsigen Kunstinstallation mit dem auftrumpfenden Titel „Von Büchern und Bibliotheken“. Ja mehr noch, es handelt sich um ein „partizipatives“, um nicht zu sagen „immersives“ Projekt, eine Performance in progress, bei der alle mitspielen können: Wer sich berufen fühlt oder einfach ein Faible fürs Aufräumen hat, darf Bücher aus den Kartons in die Regale einordnen – oder ausdrücklich auch umgekehrt! Zur Motivation gibt‘s auf Zetteln an der Wand sinnreiche Texte wie „Bücher bilden Brücken“.

Andererseits: Könnte es vielleicht nicht nur uneigennützig sein, wenn die Stuck-Villa auf Schwarm-Kreativität setzt und die Besucher als ehrenamtliche Hilfskräfte engagiert? Nein, diesen schnöden Verdacht weist das Museum zu Recht von sich, indem es die passende Theorie zu diesem Mitmach-Happening liefert: Weil Ordnungssysteme von Bibliotheken immer „soziale Konstrukte“ sind, dürfen wir alle in einem befreienden Akt jetzt die Bücher der Stuck-Villa nach unserem je persönlichen Geschmack ein- oder aussortieren. Erfreulich, dass es noch keinen Mangel an musikalischen Menschen gibt. Denn, wie es Museumschef Michael Buhrs so treffend sagt: „Franz von Stuck hatte einen Musiksalon, aber wir haben einen Stuck-Chor.“ Dieses jüngst gegründete Laienensemble brachte zur Eröffnung der Schau eine beeindruckende Probe seiner Sangeskunst zu Gehör. Braucht also überhaupt Fachkräfte, wer solche begabten Laien hat?A. ALTMANN

Bis 8. März 2026,

Di. bis So. 11-18 Uhr, Mi. 20 Uhr.

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