„Alles kommt zu dem, der zu warten versteht.“ Lakonisch kommentierte der Mathematiker und Physiker, der Wiener Wolfgang Pauli, den Nachweis, dass der Winzling unter den Elementarteilchen, das Neutrino, ein neutrales Teilchen ohne elektrische Ladung, tatsächlich existiert. Bislang hatte es nur als Phantom in den Köpfen der Spezialisten ein turbulentes Dasein geführt. Pauli war zwar sein „Erfinder“, doch hatte er sich nie vorstellen können, dass man dieses Fantasie-Konstrukt jemals in seiner realen Existenz würde nachweisen können, geschweige denn, dass es in nächster Zukunft den Heutigen nie erahnte Einblicke in verborgene kosmische Welten gewähren würde. Es war das Jahr 1956, als den US-Amerikanern Fred Reines und Clyde Cowan dieses Geniestück gelang,
Neutrinos, diese allerwinzigsten Teilchen, sind überall. In rasender Geschwindigkeit durchjagen sie auf ihre jeweils spezielle Art den Kosmos, die Sonne, Seen und Meere, die Natur, die Erdatmosphäre, den Menschen, die Kernreaktoren… Das Gebiet ist Sache der Genies. Man muss aber kein Physiker sein, um sich von dem Buch Christian Spierings, selbst renommierter Spezialist auf diesem Feld, fesseln zu lassen (Foto: privat). Das Thema sind die faszinierenden Persönlichkeiten, die besessenen Forscher, die sich schon mal fragen, ob Gott ein Linkshänder war, oder lästern: „So jung und schon unbekannt?“ Vor allem aber die aus Zahlen und Formeln den Horizont weiten und die Unendlichkeit des Alls Wirklichkeit werden lassen – von Otto Hahn, Lise Meitner über Wolfgang Pauli und Bruno Pontecorvo bis zu John Bahcall und Raymond Davis sowie Masatoshi Koshiba. SABINE DULTZ
Christian Spiering:
„Das seltsamste Teilchen der Welt – Auf der Jagd nach dem Neutrino“. Carl Hanser Verlag, München, 331 Seiten; 28 Euro.