Mads Mikkelsen mit unsere Redakteurin Katja Kraft. © kjk
„Ich kann richtig schön verrückt spielen“: Mads Mikkelsen (li.) als Mandfred mit Nikolaj Lie Kaas in „Therapie für Wikinger“. Kinostart ist am Donnerstag. © Neue Visionen
Es sind rabenschwarze Komödien, mit denen der dänische Regisseur Anders Thomas Jensen begeistert. Nach „Adams Äpfel“ (2005), „Men & Chicken“ (2015) oder „Helden der Wahrscheinlichkeit“ (2021) kommt nun „Therapie für Wikinger“ in die Kinos. Mads Mikkelsen, Nikolaj Lie Kaas und Nicolas Bro spielen wieder die Hauptrollen. Der Weltstar Mikkelsen („James Bond“, „Der Rausch“) gibt Manfred, den persönlichkeitsgestörten Bruder des Ex-Häftlings Anker (Kaas). Vor seinem Gefängnisaufenthalt hatte Anker seinen Bruder gebeten, seine Beute zu verstecken. Nach der Entlassung versucht er verzweifelt, zu erfahren, wo die Kohle ist. Eine wieder sehr derbe, sehr lustige, gleichzeitig sehr berührende Geschichte über Familie und Traumata. Wir trafen Mads Mikkelsen zum Gespräch.
Da ist Ihnen erneut ein bitterböser Film geglückt. Mussten Sie während des Drehs ständig losprusten?
Für mich war es etwas leichter, weil ich diesmal den Verrückten gespielt habe – die anderen mussten dann irgendwie mit meinen skurrilen Reaktionen umgehen. Oft startete einer mit einem nur halb unterdrückten Lachen, und die anderen riss es komplett weg.
Würden die Filme genauso gut, wenn Sie einander nicht derart vertraut wären?
Es ginge schon auch mit anderen Schauspielern, es gibt ja etliche richtig gute da draußen. Doch unser Regisseur Thomas fühlt sich sehr wohl damit, zu wissen, was genau er von einem Schauspieler künstlerisch bekommen wird. Er hat sich hier ein eigenes Universum mit vertrauten Kollegen geschaffen, in das ab und zu auch neue Leute Zutritt erhalten.
Etwas Frischzellenkur, damit es nicht zu gemütlich wird?
Genau, man darf nie dahin kommen, dass man einfach nur die Schublade öffnet und ein Konzept wiederholt, das schon häufig funktioniert hat. Wir wollen uns gegenseitig pushen – und ich finde, dass wir es geschafft haben, es bei jedem Film noch ein bisschen weiter zu treiben. Immer sind wir geleitet von der Idee: Wie weit können wir gehen? Und zusammen fühlen wir uns sehr sicher, sehr weit zu gehen.
Schauen Sie sich beim Drehen manchmal an und sagen: Das ist doch zu krass, das streichen wir?
Nein. (Grinst.)
Im Humor ist alles okay?
Nicht alles. Es gibt Grenzen. Wenn es justiziabel wird etwa. Thomas‘ Humor ist brutal – aber er hat das Herz am rechten Fleck. Und eine große Liebe für seine Figuren. Ist das der Fall, sind die Grenzen weit entfernt.
Und es ist typisch dänischer Humor, oder? Es gibt da einige Szenen, in denen auf sehr absurde Weise auf den Holocaust angespielt wird.
Ja, das ist das herrlich Absurde in diesem Film. Dass da ein Typ mit dunklen Haaren und dunklen Augen der festen Überzeugung ist, blond und blauäugig zu sein. Und seine Mitmenschen lassen ihn damit durchkommen. Der Film berührt viele solcher sensiblen Themen. Dabei geht es überhaupt nicht darum, den Holocaust zu verharmlosen – aber da kann ein Schuldgefühl sein, das Menschen in der fünften Generation spüren, das sie nicht spüren sollten. Manchmal tut es gut, mal die Luft aus dem Ballon zu lassen, damit er nicht platzt.
Lache, wenn es nicht zum Weinen reicht?
Genau. So ergeht es auch Rettungssanitätern. Sie sehen die schlimmsten Dinge jeden Tag – um damit klarzukommen, benötigen sie ein Ventil. Und das ist oft dunkler Humor.
Ihr Manfred hält sich für John Lennon. Es ist befreiend, sich die Welt so zu machen, wie sie einem gefällt. Wer würden Sie gern sein?
Ach, ich bin glücklich, ich selbst zu sein. Mein Vorteil ist: Ich kann hier im Film richtig schön verrückt spielen – und zu Hause bin ich dann wieder ganz brav und langweilig.
Das bezweifle ich.
(Lacht.) Na, um ehrlich zu sein: Man fragt sich nach diesem Film ja, wer eigentlich der Verrückte ist – die aus der Psychiatrie Ausgebrochenen oder die vermeintlich Gesunden?
Alle im Film meinen, ihre Weltsicht sei die richtige.
Dabei gibt es immer mehrere Perspektiven. Und so viele Wege, sein Leben zu gestalten. Wer will das bewerten? Ja, die Welt etwas auf den Kopf stellen, das macht uns großen Spaß.
Den Ausspruch „Den Finger in die Wunde legen“ kann man bei diesem Film allerdings sehr ernst nehmen.
Haha, bitte nichts verraten.