Liebt Oper und Operette: Rolando Villazón. © W. Lienbacher
Zwei österreichische Klassiker bestimmen über den Jahreswechsel das Leben von Rolando Villazón. Als Leiter der Mozartwoche bereitet er in Salzburg eine Neuinszenierung der „Zauberflöte“ vor. Ehe es dort in die Endphase geht, probt der Mexikaner an der Bayerischen Staatsoper für die Silvester-„Fledermaus“, in der er den Eisenstein gibt. Bei all dem fand er trotzdem Zeit für ein Gespräch.
Wie läuft es in München mit Ihrem Ausflug in die Welt der Operette?
Wir haben viel Spaß auf den Proben. Trotzdem bin ich auch ein bisschen müde, weil wir sehr viel tanzen, laufen und springen müssen. Aber in einer Operette muss das so sein!
Und wie ist es mit den Dialogen? Es ist ja eine sehr internationale Besetzung.
Was Regisseur Barrie Kosky wichtig war, ist der Rhythmus in den Dialogen. Er hätte mir deshalb sogar erlaubt, das auf Spanisch zu machen. Aber das Publikum muss die Witze verstehen. Deshalb mache ich alles auf Deutsch … fast alles. (Lacht.)
Sie haben „Die Fledermaus“ bereits selbst inszeniert. Wo lagen für Sie die größten Herausforderungen?
Ich glaube, das Gefährliche bei Operetten ist, dass man sich vom Trubel anstecken lässt und nur Spaß hat. Aber es braucht an erster Stelle Präzision. Das Timing einer Komödie ist viel schwerer als jede Tragödie.
Wo haben Sie Ihre erste „Fledermaus“ erlebt?
Meine erste Begegnung war im Young Artist-Programm in Pittsburgh, als wir zu Silvester den zweiten Akt auf Englisch gemacht haben.
Also auch damals schon den Eisenstein und nicht Alfred?
Natürlich! Ich habe immer gesagt, ich möchte nie den Alfred singen. Weil ich dann den ganzen Spaß von Orlofskys Party verpasse. Später hat mich einmal die Met dafür angefragt. Aber nachdem sich die Termine verschoben haben, wurde daraus dann die „Zauberflöte“, in der ich meinen ersten Papageno gesungen habe.
„Die Zauberflöte“ kennen Sie ebenfalls aus verschiedenen Perspektiven. Auf der Bühne, auf der Kino-Leinwand und nun als Regisseur. Warum zum Jubiläum der Mozartwoche dieses Stück?
Wir feiern 70 Jahre Mozartwoche und Mozarts 270. Geburtstag. Die erste Idee war, passende Musik aus dem Jahr 1756 zu finden. Natürlich nicht von ihm selbst. (Lacht.) Er war ein Genie, aber in dem Alter hat nicht einmal er komponiert.
Was war die zweite Idee?
Unser Motto lautet diesmal „Lux Aeterna“. Denn Mozarts Musik ist für mich eine Art „ewiges Licht“, das der gesamten Menschheit gehört. Und endgültig unsterblich geworden ist er eben 1791, durch das, was er uns nach seinem Tod hinterlassen hat. Im Programm haben wir daher fast alle Stücke, die er in seinem letzten Lebensjahr komponiert hat.
„Die Zauberflöte“ gilt als ideale Einstiegsoper für Kinder. Trotzdem hat das Stück auch viele Textstellen, die wir heute als misogyn oder rassistisch betrachten. Wie gehen Sie damit um?
Einen „Mohr“ haben wir nicht, weil das Verhalten von Monostatos nichts mit seiner Hautfarbe zu tun hat. Es geht mir aber nicht darum, Mozart zu verbessern. Ich lese gerade wieder „Don Quixote“, was ich immer zum Jahresende mache. Auch da stehen viele unmögliche Dinge drin, die man einfach nicht wegnehmen kann, weil es die Geschichte kaputt machen würde. Trotzdem muss ich so etwas in meiner Inszenierung natürlich kommentieren, indem ich zum Beispiel Figuren auf die problematischen Sätze reagieren lasse.
Und wie steht es mit den Philosophien der Freimaurer, die durch Sarastro verkörpert werden?
Die Herausforderung liegt darin, die richtige Balance zu finden. Es muss spielerisch bleiben. Gleichzeitig hat es diese ernsten Momente, durch die sich „Die Zauberflöte“ von der „Fledermaus“ unterscheidet. Die ist durch und durch eine Komödie. Bei Strauß gibt es keine Arien wie Paminas „Ach ich fühl’s“. Oder die Prüfungsszene, in der Mozart auf einmal Bach zitiert und dem Ganzen dadurch eine unglaubliche Tiefe verleiht.
Was können Sie uns noch über Ihr Konzept verraten?
Mein Ausgangspunkt war eine Anekdote, die von Mozarts Schwägerin Sophie Weber überliefert wurde. Sie hat davon erzählt, dass er an seinem Todestag dachte, er wäre in einer Vorstellung der „Zauberflöte“. Er war damals schon länger krank und konnte nicht mehr selbst im Theater dirigieren. Aber er hat ständig auf die Uhr gesehen und wusste genau, wann die Schlange ihren Auftritt hat, wann die Königin der Nacht und so weiter. Er hat die gesamte Oper in seinem Kopf miterlebt.
Also eine historische „Zauberflöte“ durch Mozarts Augen?
Ich würde eher sagen zeitlos. Es wird eine Inszenierung, die auch mit Salzburg und der Mozartwoche selbst zu tun hat. Wir haben unter anderem ein paar Zitate aus früheren Produktionen eingebaut. Zum Beispiel eine kleine Hommage an Achim Freyer. Wer das erkennt, wird Spaß daran haben. Aber es ist nicht nötig, um die Inszenierung zu verstehen. Es bleibt die Geschichte der „Zauberflöte“.
Termine
„Die Fledermaus“ in München: 31.12. bis 10.1.; „Die Zauberflöte“ in Salzburg: 23.1. bis 1.2.