Allein auf Instagram finden sich unter #Instakids knapp 13 Millionen Fotos von Kindern. Laut einer britischen Studie stellen Eltern allein in den ersten fünf Lebensjahren durchschnittlich 1500 Fotos ihres Kindes auf Facebook, Twitter oder Instagram. Es gibt dafür sogar schon einen Fachbegriff: „Sharenting“, ein Mix aus „Share“ (Teilen) und „Parenting“ (Erziehung). Familienfotos als private Angelegenheit, für Tanten und Onkel, für Omas und Opas – das ist lange vorbei. Und deshalb schlägt nun das Deutsche Kinderhilfswerk Alarm.
Darum geht es
Die heutigen Kinder und Jugendlichen sind die erste Generation, deren Aufwachsen komplett im Internet dokumentiert wird. Laut Kinderhilfswerk sind in Deutschland derzeit vier Millionen Kinder davon betroffen, von denen Fotos oder Videos ins Netz gestellt werden – in aller Regel ohne deren Zustimmung, die nur knapp ein Drittel der Eltern einholt. Mit der Kampagne #ErstDenkenDannPosten weist die Organisation darauf hin, dass auch Kinder ein Recht auf Privatsphäre haben. In der Aktion sagt ein Kind dazu: „Liebe Mama, lieber Papa, genau wie ihr habe ich auch ein Recht darauf zu entscheiden, was mit Fotos von mir passiert.“ Dieses Recht missachten Eltern, die sich oft genug vor allem selbst feiern, wenn sie unter dem Motto „Mein Auto, mein Haus, mein Kind!“ ihren Nachwuchs im Internet präsentieren.
Das sind die Folgen
Ein Kinderfoto, das heute im Netz steht, ist dort nicht mehr zu löschen. Selbst wenn es die Eltern von ihrer Facebook-Seite nehmen, kann es längst von Suchmaschinen abgegriffen oder von anderen vielfach geteilt worden sein. Was mit einem Badehosenfoto passiert, ob es in dubiosen Katalogen landet oder auf dem Computer eines Päderasten, lässt sich nicht kontrollieren. „Andere können die Bilder kopieren, verfremden und verbreiten. Zudem können Werbetreibende und fremde Nutzer Informationen über Hobbys und tägliche Gewohnheiten sammeln“, warnt der Elternratgeber „Schau Hin“. Doch es muss gar nicht zu Missbrauch kommen. Die direkten Folgen können für die Kinder unangenehm genug sein – zum Beispiel beim 13-Jährigen, der es nicht lustig findet, wenn er im Internet mit ausgefallenen Milchzähnen zu sehen ist. Oder bei der 14-Jährigen, die wegen vermeintlich unvorteilhafter Kinderfotos in der Schule gehänselt wird. Oder beim 16-jährigen Azubi, der nicht möchte, dass sein künftiger Chef seine gesamte Kindheit im Internet begutachten kann.
Das sagt das Gesetz
Generell haben auch Kinder ein Recht auf das eigene Bild. Bis zu 14 Jahren sollten Eltern dieses Recht von sich aus respektieren. Danach haben Jugendliche sogar gesetzlich den Anspruch, das Nichteinstellen oder Löschen von Fotos zu verlangen. In Österreich hat eine 18-Jährige ihre Eltern darauf verklagt, Bilder aus dem Netz zu nehmen: „Sie hatten kein Schamgefühl und kannten keine Grenzen. Egal ob ich auf der Toilette saß oder nackt im Bettchen lag – jeder Moment wurde fotografiert und veröffentlicht.“ In Frankreich droht Eltern, die Kinderfotos ohne Einwilligung posten, Schadenersatz von bis zu 45 000 Euro.
So geht´s
Wer partout Fotos seiner Kinder ins Netz stellen will, sollte darauf achten, dass das Gesicht nicht zu erkennen ist – also beispielsweise mit einer Aufnahme, die die stolzen Eltern von vorne zeigt, den Sohn oder die Tochter aber nur mit dem Hinterkopf. Bilder, die den Kindern später peinlich sein könnten, haben im Netz nichts zu suchen. Auch Orte, an denen sich ein Kind regelmäßig aufhält, sollten nicht zu erkennen sein. Und übrigens: Für Kitas und Schulen, für Omas und Opas, gelten die gleichen Regeln für Kinderbilder.