Medizinkolumne

Das Duo Infernale: Parodontose und Herzerkrankungen

von Redaktion

„Das bisschen Zahnfleischbluten ist doch nicht so schlimm.“ Weit gefehlt, dahinter können sich schwere Erkrankungen verbergen. Denn die Ursache ist meistens eine Parodontose oder auch Parodontitis, also eine Entzündung des Zahnbettes. Diese beginnt oft schleichend und unbemerkt, hat aber viele negative Folgen.

In unserer Mundhöhle tummeln sich hunderte verschiedener Bakterienarten. Das ist normal. Die meisten sind harmlos und ein wichtiger Bestandteil der sogenannten gesunden Mundflora. Durch eine Reihe verschiedener Risikofaktoren wie Rauchen, falsche oder mangelnde Mundhygiene, Diabetes mellitus oder eine ungesunde Ernährung kann das Gleichgewicht der Mundflora empfindlich gestört werden. Dann werden die gesunden Keime geschädigt und die schlechten, krank machenden Keime übernehmen die Oberhand.

Das Problem: Einige dieser Bakterien produzieren Gifte, die das Zahnfleisch reizen, zu einer chronischen Entzündung und so quasi zu einer offenen Wunde in der Mundhöhle führen. Auf Berührungsreize wie dem Zähneputzen reagiert das Zahnfleisch dann mit einer Blutung.

Aber Schmerzen, Zahnfleischbluten und Zahnverlust sind nur ein Teil der möglichen Risiken. Durch die Giftstoffe kommt es nämlich zu einer Schwächung des Immunsystems und zu einer chronischen Entzündungsreaktion des gesamten Körpers.

Ein Marker im Blut für eine solche Entzündung ist das C-reaktive Protein (hCRP). Dieses ist ein Eiweißstoff, der im Menschen in der Leber gebildet wird. Unter anderem führt hCRP zu einer Entzündung der Gefäßinnenwände. Es entstehen Ablagerungen aus Entzündungszellen, Kalk und Cholesterinkristallen. Und diese Entzündungsreaktion der Gefäße ist leider der Wegbereiter für Gefäßverkalkungen.

So ist es nicht verwunderlich, dass eine Parodontitis immer wieder mit einem erhöhten Risiko für einen Herzinfarkt und einen Schlaganfall in Zusammenhang gebracht wird. Aber damit nicht genug.

Patienten mit angeborenen oder im Laufe des Lebens erworbenen Herzklappenerkrankungen oder mit künstlichen (operierten) Herzklappen haben ein deutlich erhöhtes Risiko für eine Infektion der Herzklappen (Endokarditis). Eine Herzklappeninfektion stellt immer eine lebensbedrohliche Erkrankung dar.

Eine Parodontitis oder Zahnfleischentzündung ist also eine schwere Erkrankung. Konkret handelt es sich um eine entzündete Wundfläche von 25 bis 30 Quadratzentimetern. Hätten Sie eine so große Wundfläche beispielsweise am Unterarm, würden Sie diese doch ganz sicher ärztlich behandeln lassen. Warum lassen viele dann eine Wundfläche im Mund unbehandelt?

In Deutschland leiden geschätzt zwölf Millionen Menschen an einer Entzündung des Zahnfleisches und des -halteapparates. Wie schnell und schwer die Entzündung fortschreitet, hängt unter anderem davon ab, wie gut die körpereigene Abwehr arbeitet und wie konsequent die Behandlung ist. Dennoch, die gute Nachricht ist, dass eine konsequente Parodontitis-Behandlung nicht nur günstige Auswirkungen auf die Zahngesundheit hat, sondern auch auf die chronische Entzündungsreaktion des Körpers und die Herzinfarkt- sowie Schlaganfallrate.

HERZENSSACHE

von Dr. Barbara Richartz

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