Öle und Essenzen begleiten die Menschheit seit ihren frühesten Tagen. Bereits um 3000 vor Christus gehörten in Mesopotamien Kosmetika zur Mitgift höherer Töchter. Die alten Ägypter verehrten mit Nefertem einen eigenen Gott des Wohlgeruchs. Und eine der ersten überlieferten Rezepturen stammt von höchster Stelle, nachzuschlagen im biblischen Buch Exodus, Kapitel 30, Vers 22: „Der Herr sprach zu Mose: Nimm dir Balsam von bester Sorte: 500 Schekel erstarrte Tropfenmyrrhe, halb so viel, also 250, wohlriechenden Zimt, 250 Gewürzrohr und 500 Zimtnelken, nach dem Schekelgewicht des Heiligtums, dazu ein Hin Olivenöl, und mach daraus ein heiliges Salböl.“
Ein Duft lag in der Luft – und verband das Jenseits mit dem Diesseits. Mit wohlriechenden Substanzen salbte man Könige und balsamierte Tote ein. Feiner Rauch zog bei Verbrennungen von präparierten Tierkadavern in die Höhe – und sollte, so die Hoffnung der Anwesenden, auch deren Gebete schneller Richtung Himmel befördern. „Per fumum“ – „durch Rauch“: Nichts anderes ist die Wurzel für das moderne Wort Parfüm.
Göttlich und praktisch floss für die Menschen in der klassischen Antike ineinander über. Mancher Grieche oder Römer brannte ein Feuerwerk der Aromen ab. Über das „Beduftungsritual“ eines Gastes im Badehaus heißt es beim Dichter Antiphanes: „Er taucht seine Füße und Beine in schwere ägyptische Salben; Kiefer und Brust reibt er mit zähflüssigem Palmöl ein und beide Arme mit einem nach Minze duftenden Auszug, Augenbrauen und Haare mit Majoran, Knie und Nacken mit einer Essenz aus zerstoßenem Thymian.“
Im Mittelalter waren „Riechäpfel“ schwer gefragt. Wo Pest und Cholera wüteten, sollte ein tiefer Zug aus den an einer Halskette hängenden Kugeln morbide Miasmen verscheuchen. Königin Klementine von Ungarn nannte exquisite Exemplare ihr eigen, gefüllt mit Ambra, wachsartigen Exkrementen des Pottwals. Der arabische Arzt Avicenna und die Kirchenlehrerin Hildegard von Bingen isolierten unterdessen ätherische Öle aus Rosen- und Lavendelblüten und lösten sie in Alkohol auf: die Vorläufer der modernen Parfüms.
Normalsterbliche konnten sich derlei kaum leisten. „Um den Ziegengestank unter den Achselhöhlen zu beseitigen, eignet sich vortrefflich das Einreiben der Haut mit getrockneten und zerriebenen Rosenblättern“, lautete die Devise in der Epoche des großen Naserümpfens, die spätestens ab dem 16. Jahrhundert einsetzte. Baden und Waschen war verpönt – das Wasser wimmelte von Keimen. Über Frankreichs König Heinrich IV. (1553–1610) hieß es, er stinke „wie ein Aas“. Er war beileibe nicht allein.
In den Städten „stanken die Straßen nach Mist, es stanken die Hinterhöfe nach Urin, es stanken die Treppenhäuser nach fauligem Holz und nach Rattendreck“, schreibt Patrick Süskind in seinem Bestseller „Das Parfum“. Abhilfe schafften Händler und Parfümeure wie die Farinas aus Italien. Sie verstanden sich auf die Kunst, reinen, geruchsarmen Alkohol zu destillieren. Das ermöglichte es, nicht nur „schwere“ Düfte wie Moschus einzufangen, sondern „leichte“ Zitrusnoten wie die der Bergamotte.
Das von Johann Maria Farina (1685–1766) kreierte Eau de Cologne gibt es heute noch, wie der aktuelle Chef des Hauses, der ebenfalls Johann Maria Farina heißt, stolz vermerkt. Schließlich kommen jedes Jahr hunderte neuer Düfte auf den Markt – Klassiker wie der aus Köln sind rar. Weihrauch ist in der Branche immer noch gefragt, beteuert der Experte. Mit Gold aufwiegen lassen sich heute aber eher andere Zutaten. „Bei Jasminölen sind sie schnell bei über 4000 Euro das Kilo.“ Joachim Heinz