Quälender Kopfschmerz, Übelkeit und allgemeines schweres Krankheitsgefühl: Jeder, der schon einmal in seinem Leben einen Migräneanfall hatte, kennt diese Symptome. Bisher galt die Migräne lediglich als ein Zustand, der die Lebensqualität beeinträchtigt. Jetzt wurde von britischen Wissenschaftlern nachgewiesen, dass eben nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Prognose der Betroffenen beeinträchtigt ist.
Demzufolge haben Menschen, die an einer Migräne leiden, ein deutlich erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall und sogar für eine Thrombose. Rund zehn Prozent der Menschen weltweit leiden unter Migräne-Attacken. Allein in Deutschland sind es mehr als acht Millionen. In besagter Studie wurden gut zwei Millionen Patienten eingeschlossen – und über einen Zeitraum von 15 Jahren nachbeobachtet. Auch in dieser Mega-Studie konnte bestätigt werden, dass der größte Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein nicht behandelter Bluthochdruck ist. Aber: Schon an zweiter Stelle kam die Migräne, gefolgt von den etablierten Risikofaktoren, wie Diabetes und Rauchen.
Als ein besonders schwerwiegender Risikofaktor entpuppte sich eine spezielle Form der Migräne, nämlich die mit einer Aura. Das bedeutet, dass im Vorfeld der Kopfschmerzen Ausfallerscheinungen, zum Beispiel Sehstörungen, Sprachstörungen oder Kribbeln an Händen oder Füßen, auftreten. Diese Aura kann die Migräne begleiten, typischerweise beginnt sie 30 bis 60 Minuten vor der eigentlichen Kopfschmerzattacke.
Warum nun Migränepatienten ein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko besitzen, darüber konnten Wissenschaftler bisher nur spekulieren. Dennoch gibt es einige interessante Erklärungen: So nehmen Migränepatienten häufig, zum Teil hoch dosierte Schmerzmedikamente ein. Und genau diese Medikamente führen zu Schädigungen der Gefäßwände und zu Blutdrucksteigerungen. Ein weiterer und ganz wesentlicher Risikofaktor ist der Stress, der immer mit der Migräne vergesellschaftet ist. Und Stress, das wissen wir, ist einer der wesentlichen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Ob nun ein erhöhtes Stresslevel die Migräneattacke triggert oder ob der starke Kopfschmerz Stress erzeugt, bleibt unklar. Fakt ist aber, dass die Migräne keine isolierte Störung ist – und dass wir Ärzte in Zukunft ein verstärktes Augenmerk auf begleitende Risikofaktoren legen müssen. Warum steigt das Risiko für Thrombosen?
Vielen Migränepatienten hilft es, während der Attacke in einem abgedunkelten Zimmer zu liegen – und das oft über Tage. Und so steigt das Risiko für Thrombosen und sogar Embolien. Natürlich bedeutet das nicht, dass alle Menschen, die an einer Migräne leiden, im Alter einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erleiden.
Aber: Man kann es auch positiv sehen und als eine Chance nutzen, denn die Migräne geht den Herz-Kreislauf-Erkrankungen um viele Jahre voraus. Diese Zeit sollten Sie nutzen, um veränderbare Risikofaktoren abzubauen. Dazu gehört das Rauchen aufzugeben, den Blutdruck zu kontrollieren, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten und regelmäßig Sport zu treiben. Und noch ein ganz entscheidender Punkt: Gehen Sie als Migränepatient regelmäßig zur kardiologischen Vorsorgeuntersuchung.
HERZENSSACHE
von Dr. Barbara Richartz