Der Siegeszug der 15-Sekunden-Spaßvideos, die darin zu sehen sind, ist offenbar nicht mehr aufzuhalten. Untrügliches Zeichen: Mit dem FC Bayern und Borussia Dortmund haben nun auch Deutschlands Fußball-Riesen ihre TikTok-Kanäle gestartet. Wir erklären die App, die mittlerweile 500 Millionen Nutzer pro Monat hat.
BVB vor FC Bayern
Die Münchner, mit weltweit 80 Millionen Followern Deutschlands Social-Media-Meister, haben mit TikTok kürzlich ihren zwölften Kanal in den sozialen Medien eröffnet (fc.bayern/TikTok). Bisher erfolgreichstes Video ist ein Rundgang vor einem Spiel durch die Allianz Arena. Diesmal waren die Bayern aber nicht Erster. Denn der BVB startete kurz zuvor. Und die Zweitligisten 1. FC Köln und Hamburger SV sind zumindest in Sachen TikTok bereits wieder erstligareif.
Lisa und Lena sind weg
Lisa und Lena, die Zwillinge aus Stuttgart, waren seit 2015 mit ihren Videos Deutschlands Aushängeschilder bei TikTok und dem Vorgänger Musical.ly. Damit ist jetzt Schluss: Im zarten Alter von 16 Jahren haben Lisa und Lena ihre TikTok-„Karriere“ beendet und ihren Kanal gelöscht. Bei über drei Millionen Followern ist damit Trauerarbeit im Kinderzimmer angesagt. „Wir arbeiten jetzt fokussiert an der Schauspielerei“, verrät Lisa über den TikTok-Abschied. Außerdem ist Instagram für die beiden mit 14,4 Millionen Followern die noch lukrativere Plattform. Für die Nachfolge ist aber gesorgt: Die neuen deutschen TikTok-Zwillinge heißen „Lesotwins“. Leonie und Sophie kommen auch schon auf 1,5 Millionen Follower.
Das ist TikTok
Unter dem Motto „Jede Sekunde zählt“ teilen die Nutzer in der App für iOS und Android ihre Mini-Videos. Mit Filtern, Musik, Grafik und Text lassen sich die Filmchen aufhübschen. Es gibt die üblichen Werkzeuge mit der Raute zum Finden von Inhalten, mit Herzchen zum „Liken“ und Kommentieren der Videos. Langeweile fällt aus, denn per Wisch nach oben erscheint sofort der nächste Film. Wer nur zuschauen will, aber nicht selbst posten, muss sich nicht einmal anmelden. TikTok ist gratis, es gibt aber In-App-Käufe ab 1,09 Euro für virtuelle „Geschenke“ an andere Nutzer.
Das Unternehmen
Der chinesische Technikkonzern ByteDance hat Ende 2017 für 700 Millionen Euro die Video-App Musical.ly übernommen und mit seinem eigenen Programm TikTok zusammengelegt, das zuhause in China „DouYin“ heißt. Die clevere Auswahl der Videos, die die Nutzer zu sehen bekommen, basiert auf künstlicher Intelligenz – und trifft damit den Geschmack der Kinder und Jugendlichen.
Spaßig und albern
„TikTok bringt den Spaß zurück in die sozialen Medien“, staunt die „New York Times“. 46 Minuten pro Tag verbringen die Nutzer durchschnittlich mit Wettbewerben im lippensynchronen Singen, mit virtuellen Duetten, mit Versuchen, sich absichtlich danebenzubenehmen oder mit Herausforderungen wie dem Tanzen auf Treppen. „Das Ergebnis“, so die Zeitung weiter, „kann manchmal schwer anzusehen sein, ist oft aber auch sehr lustig“.
Das Problem
Wie bei jeder Plattform, die sich primär an Kinder und Jugendliche richtet, ist Missbrauch ein zentrales Thema. Bereits den Vorgänger Musical.ly haben diverse Skandale begleitet. Jüngster Vorwurf der britischen BBC: Nutzer, die problematische Inhalte posten oder die die App missbrauchen, werden von TikTok oft nicht einmal gesperrt, es werden lediglich ihre Videos gelöscht. Mittlerweile hat TikTok Filter für Hass-Posts und für unerlaubte Stichworte in Kommentaren eingeführt und will problematische Inhalte innerhalb von 24 Stunden löschen. Doch das reicht offenbar noch längst nicht aus.
Was Eltern tun sollten
Das Datenschutzportal „Mobilsicher“ spricht von einer „unheimlichen Parallelwelt im Kinderzimmer“ und warnt vor TikTok, dessen Altersgrenze von 13 Jahren sich nicht kontrollieren lässt: „Wie schon beim Vorgänger Musical.ly finden sich auch hier zahllose Videos von sehr jungen Mädchen in aufreizenden Posen und ein Netzwerk von Nutzern, die sie ansprechen und mehr Haut sehen wollen.“ Der Tipp der Experten: „Wir können Eltern nur raten, ihre Kinder bei der Verwendung von TikTok aufmerksam zu begleiten und genau abzusprechen, unter welchen Voraussetzungen der Dienst genutzt werden darf.“ Mobilsicher empfiehlt zudem, für junge Nutzer in deren Profil-Einstellungen ein „privates Konto“ einzurichten. Dann können nur „Freunde“ die Videos sehen, aber keine Unbekannten.