Sandra Simovich hätte sich eine friedlichere Stimmung für den Eurovision SongContest (ESC) in Tel Aviv gewünscht. Zum 64. Mal wird der Sängerwettstreit heuer ausgetragen, zum dritten Mal findet die Endausscheidung in Israel statt. „Das ist ein Grund zum Feiern. Die Politik lassen wir heute außen vor.“
Die Topdiplomatin heißt uns in ihrer Küche in der Münchner Innenstadt willkommen. Im Hintergrund läuft ESC-Musik, Einstimmung auf den morgigen Samstag.
Essen bringt Menschen zusammen. In der Küche, am Tisch, auf dem Markt. Davon ist das Ehepaar, das seit Sommer 2017 an der Isar wohnt, überzeugt. Assaf Grünfeld hat sich eine schwarze Küchenschürze umgebunden – „Israel schmeckt“ steht darauf. Das will er heute demonstrieren. Vor ihm liegen Gemüse und Kräuter. Den Hefezopf hat er bereits vorab gebacken. Mit dem Anschneiden des Zopfes am Freitagabend beginnt traditionell der Sabbat.
Shakshouka, Blumenkohl und Humus stehen heute auf dem Speiseplan. Israels Küche ist vielfältig. Ein bunter Schmelztiegel der Kulturen und Traditionen. Grenzenlos gut, feiert die Welt die sogenannte Levante-Küche, die die Region des östlichen Mittelmeers umfasst. Was die Küche in diesen Ländern auszeichnet, ist ihre aromatische, leichte Art zu kochen. Weitere Pluspunkte: Viele Gerichte sind schnell gemacht und sehr gesund.
Jeder bringt hier seine Geschichte mit an den Herd. So wie Assaf Grünfeld. Der Vater stammt aus Ungarn, die Mutter aus Polen. Im israelischen Kibbuz haben sich die beiden Holocaust-Überlebenden kennengelernt, ihr Sohn Assaf wurde in Tel Aviv geboren. Mit ungarischem Gulasch aufgewachsen, ist ein Frühstück ohne Shakshouka („Das kann man zu jeder Tageszeit essen.“) heute undenkbar für den IT-Fachmann. Er erzählt: „Seit ich 14 Jahre alt bin, experimentiere ich am Herd“. Er kocht, worauf er Lust hat.
Dazu gehören auch die Auberginen mit Granatapfel. Obwohl sich der Tisch schon beinahe sprichwörtlich biegt, schneidet der leidenschaftliche Hobbykoch noch die Auberginen auf – „die machen keine Arbeit und dürfen wirklich nicht fehlen“. In der Tat. So hat man Auberginen hierzulande noch nicht gegessen.
Bei Sandra Simovichs Familie hat nur die Großmutter gekocht, die der Mutter den Rücken freigehalten hat – zum Studieren. „Bei mir war es dann auch nicht anders.“ Die Simovichs stammen ursprünglich aus Rumänien, als Sandra Simovich 7 Jahre alt war, ging die ganze Familie nach Israel. Mit 24 Jahren hat die gelernte Juristin schließlich die diplomatische Laufbahn eingeschlagen. Nach Berlin ist München bereits ihre zweite Station. „Ich liebe es, hier zu sein“, schwärmt die Diplomatin in beinahe einwandfreiem Deutsch. Ihr Deutschlehrer sei sehr streng gewesen, fügt sie hinzu.
Die Lebensqualität in München sei sehr hoch, die Berge und die natürlichen Seen sind für sie ein Traum: „Das kenne ich aus meiner Heimat Israel so überhaupt nicht.“
Völlig ungewohnt war für die Israelin, dass es hierzulande kaum Räume mit Klimaanlage gibt. „Das war im heißen Sommer vergangenes Jahr eine ganz schöne Umstellung für mich.“ Lachend erzählt sie, dass sie sich anfangs von der aufgeheizten Stadt in die Kaufhäuser geflüchtet hat. „Da musste ich feststellen, dass diese keine Klimaanlage haben. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen.“
Und noch etwas ist in Israel ganz anders als in Deutschland: In deutschen Einbauküchen sind die Kühlschränke viel kleiner. Die Israelis seien es gewohnt, am Donnerstag oder Freitag den kompletten Wocheneinkauf zu machen. „Am Anfang haben wir gestaunt, wie voll beladen unser Einkaufswagen im Vergleich zu den der Einheimischen war“, erzählt die Diplomatin von ihrem Alltag hier. Ihre Feststellung: „Die Deutschen gehen mehrmals in der Woche einkaufen und besorgen nur das, was sie aktuell brauchen.“
Für Samstag hat Sandra Simovich wieder viel eingekauft. Es gilt den ESC zu feiern – „wenn ich schon nicht nach Tel Aviv fahren kann“. Vielleicht geht sie aber auch zum Public Viewing ins „Isarforum“ im Deutschen Museum in München, wo das Finale ab 19.30 Uhr übertragen wird.