Um gleich mal mit den Vorurteilen aufzuräumen: Eine Wohngemeinschaft ist nicht nur etwas für Studierende, auch Senioren können WGs gründen. Und das passiert immer öfter – allein schon deshalb, weil sich mancher „Best Ager“ ab 50 die Miete für eine eigene Wohnung nicht leisten kann oder will.
Doch nicht nur die Kosten spielen eine Rolle. Im Gegenteil: „Im Grunde bietet diese Form des Zusammenlebens eine tolle Gelegenheit, sich im Alter gegenseitig zu unterstützen und – im Fall von Alleinstehenden – in den Genuss täglicher Gesellschaft zu kommen“, heißt es auf einschlägigen Internet-Seiten. Ein weiterer Pluspunkt: Die Privatsphäre bleibt gewahrt, zumal jeder Mitbewohner sein eigenes Zimmer hat.
Dennoch: In einer WG kann es auch schnell zu Konflikten kommen. Insbesondere unter älteren Menschen, die meist eine klare Vorstellung vom Zusammenleben haben – aber nicht unbedingt dieselbe wie ihre (potenziellen) Mitbewohner. Ein paar Tipps für einen harmonischen Alltag.
Ist die WG eine Dauerlösung?
Eher nicht. Für viele Menschen sind Wohngemeinschaften nur eine Übergangslösung – oft aber für einige Jahre. Das gilt insbesondere auch für Senioren-WGs. „Sobald jemand dort zum Pflegefall wird, bricht die WG oft auseinander“, warnt Soziologie-Professor Clemens Albrecht. Das sollte man unbedingt bedenken, wenn man sich für diese Wohnform entscheidet.
Kann jeder eine private WG gründen?
Im Prinzip schon. Aber: „Problematisch ist vor allem die Gestaltung des Mietvertrags“, heißt es bei aktive-rentner.de. „Die einfachste Variante besteht darin, dass ein WG-Mitglied gegenüber dem Vermieter als Vertragspartner auftritt.“ Konkret bedeutet das: Er haftet für alles, kann aber im Gegenzug auch gegen den Willen seiner Mitbewohner den Vertrag kündigen. „Alternativ dazu kann die Gesamtheit der Mieter als Vertragspartner auftreten. Möglich ist die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts GbR oder die Nutzung anderer Rechtsformen“, heißt es weiter. In jedem Fall lohnt sich vor einer WG-Gründung eine juristische Beratung, um alle offenen Fragen zu klären.
Auch Prof. Albrecht rät: „Wer was zahlt und wann, sollte vertraglich zu Anfang geregelt werden.“ Dabei gelte am besten das strikte Motto: Wer nicht zahlt, fliegt raus. Zudem empfiehlt er: „Der Anteil an gemeinsamen Ausgaben sollte gering sein, dann entstehen weniger Konflikte, wer was genutzt und dafür gezahlt hat.“ Das könnte etwa heißen, dass alle Bewohner gemeinsam die Ausstattung in Gemeinschaftsräumen, wie Küchengeräte, Waschmaschine und Kühlschrank, nutzen. Jeder hat aber ein eigenes Kühlschrankfach und einen eigenen Lebensmittel-Schrank.
Wo findet man die idealen Mitbewohner?
Es gibt viele Möglichkeiten: Anzeigen schalten, sich auf einschlägigen Internetseiten umschauen, zum Beispiel bei WG-gesucht.de, Bekannte und Freunde ansprechen. In jedem Fall gilt aber: Egal für welchen Zweck man eine WG sucht, das Zusammenleben klappt natürlich besser, wenn sich die neuen Mitbewohner sympathisch sind.
Es gehört aber noch mehr dazu: „Man sollte in grundlegenden Einstellungen übereinstimmen“, sagt Annegret Mülbaier vom Online-Portal WG-gesucht.de. Das reicht von der Hygienevorstellung über ähnliche Ess- und Kochgewohnheiten – bis hin zur Freizeitgestaltung, insbesondere in der WG.
Also: Täglich ein Glas Wein am Abend, ein verbindlicher WG-Abend pro Woche und am Wochenende gemeinsam frühstücken? Was erst mal schön klingt, ist manchmal zu viel des gemeinsamen Alltags. Zugleich gilt aber auch: „Je mehr gemeinsame Freizeit es gibt, desto eher wird die WG zum Familienersatz“, sagt Prof. Albrecht. Unterm Strich kommt es letztlich auf die Wünsche der (potenziellen) Mitbewohner an. Intensive Gespräche vor der WG-Gründung sind daher fast schon ein Muss.
Muss man Regeln für den Alltag aufstellen?
Eindeutige Experten-Meinung: Ohne Regeln kommen die wenigsten WGs aus. Am besten sei es sogar, wenn diese Regeln „hart und verbindlich“ sind. Ein konkretes Beispiel: Wenn niemand freiwillig putzt, muss ein Putzplan her – oder eine Reinigungskraft. Wird der Putzplan nicht eingehalten, droht natürlich Streit. Was tun? Ein klärendes Gespräch suchen – auch wenn das total banal klingt. Aber: Viele scheuen erst mal die Kritik und direkte Ansprache, ärgern sich aber insgeheim mehr und mehr. Prof. Albrecht rät daher: „Den Mitbewohner ruhig mal auffordern zu putzen.“ Wenn etwas stört, lieber direkt darüber sprechen und die eigenen Toleranzschwellen aushandeln, etwa wenn es darum geht, ob Freunde übernachten dürfen.
Ist Senioren-WG gleich Senioren-WG?
Nein! Eine private Senioren-WG ohne pflegebedürftige Bewohner bekommt in der Regel keine Zuschüsse. Anders sieht es hingegen bei Senioren-WGs aus, deren Bewohner etwa ambulant betreut werden. Hier gibt es detaillierte Vorgaben, zu finden auf der Internetseite der Bayerischen Familienministeriums: www.stmgp.bayern.de/service/foerderprogramme/ foerderung-ambulant-betreuter-wohngemeinschaften/. Grundsätzlich gilt: „Der Freistaat fördert den Aufbau von ambulant betreuten Wohngemeinschaften mit einer Anschubfinanzierung in Höhe von bis zu 40 000 Euro. Für die Finanzierung einer Moderation in der Gründungsphase sowie für die Anschaffung von Ausstattungsgegenständen können Initiatorinnen und Initiatoren von ambulant betreuten Wohngemeinschaften einen Antrag auf Bewilligung einer staatlichen Zuwendung stellen.“