Durchblick im Medikamenten-Chaos

von Redaktion

Ein Medikament gegen Bluthochdruck, dazu ein Cholesterinsenker und abends das pflanzliche Einschlafmittel. Bei so vielen Arzneien sprechen Experten von einer „Polypharmazie“. Und die kann gefährlich werden!

VON CHRISTINA BACHMANN

Morgens eine Kapsel, mittags zwei Tabletten und abends noch ein Arzneisaft: Bei so vielen Medikamenten verlieren Patienten schnell den Überblick. Dabei können bei der Einnahme gefährliche Neben- und Wechselwirkungen auftreten! Vor allem ältere Menschen, bei denen zum Beispiel Diabetes, Bluthochdruck oder andere Herzkrankheiten häufiger vorkommen, müssen hier sehr gewissenhaft sein. Doch wie bewahrt man den Durchblick im Medikamenten-Chaos? Hier die wichtigsten Tipps:

Tablettenboxen

Mit zunehmendem Alter kann es immer schwieriger werden, seine Medikamente zur richtigen Zeit und vor allem auch in der richtigen Dosis einzunehmen. Viele Patienten sehen auch nicht mehr so gut, tun sich somit immer schwerer, unterschiedliche Beipackzettel auseinanderzuhalten, geschweige denn diese immer wieder neu zu lesen. Experten raten in solchen Fällen zu Tablettenboxen, wie man sie etwa aus dem Krankenhaus kennt. Man bereitet darin dann zum Beispiel einmal pro Woche die Medikamente für die nächten sieben Tage vor. Die Boxen können auch in „morgens“, „mittags“, „abends“ und „nachts“ aufgeteilt sein. All das schafft Klarheit bei der Einnahme.

Medikationsplan

Gesetzlich Versicherte, die mindestens drei verordnete Arzneimittel dauerhaft einnehmen, haben Anspruch auf einen sogenannten Medikationsplan. Darauf weist Annekathrin Schrödl hin, Apothekerin bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Das standardisierte Formular dient als klar verständlicher Einnahmeplan.

Gerade bei „Polypharmazie“ besteht nämlich das Risiko, dass ein Medikament neben der gewünschten auch eine unerwünschte Wirkung hat – etwa weil es sich nicht mit einem anderen Mittel verträgt; Wechselwirkungen nennen Experten das. „Besonders aufpassen muss man zum Beispiel bei Medikamenten, die die Blutgerinnung des Körpers beeinflussen“, sagen sie. Auch das Risiko von Nebenwirkungen steigt, je kränker ein Patient ist und je mehr Medikamente er einnimmt. Hier spielt die Nierenfunktion eine besonders wichtige Rolle: Sie lässt im Alter nach; Medikamente werden im Körper langsamer abgebaut. Manche Arzneien führen auch zu Schwindel und erhöhen das Sturzrisiko.

Nicht zuletzt kann in Notfällen ein Medikationsplan dem behandelnden Arzt wichtige Aufschlüsse über bestehende Erkrankungen und die eingenommenen Medikamente geben. Auf der Internetseite www. medikationsplan-schafft-ueberblick.de können Interessierte einen Muster-Medikationsplan kostenlos herunterladen.

„Demedikation“

Wichtig ist eine zentrale, die Behandlung koordinierende Stelle – bei vielen Patienten ist das der Hausarzt. Experten empfehlen, einmal im Jahr mit allen Tabletten in die Praxis zu kommen – und auch die freiverkäuflichen mitzunehmen! Dort kommt dann jedes Medikament auf den Prüfstand. Zuerst einmal wird geklärt: Warum wird es genommen? Die nächste Frage ist: Gibt es ausreichende Belege dafür, dass es für diese Erkrankung und das Alter genau das Richtige ist? Bei „Polypharmazie“ sind also Hausärzte besonders gefragt, um betroffene Patienten zu „demedikamentisieren“. Doch was genau bedeutet das?

Ein Beispiel: Es gibt Medikamente, mit denen ich Symptome wie Schlafstörungen, Luftnot oder Wasser in der Lunge behandle. Andere nehme ich zur Prophylaxe, etwa gegen Verkalkung. Je nach Lebensalter und Stärke der Beschwerden können manche Medikamente unter Umständen weggelassen werden.

Trotz aller Bemühungen: Die Einnahme darf nicht um jeden Preis reduziert werden. „Wenn die Therapie gut begründet, auf Belege gestützt und für den Patienten notwendig ist, gibt es Situationen, in denen ,Polypharmazie’ nicht vermeidbar ist“, betonen Experten. Auch hier gilt: Schon gar nicht sollten Patienten eigenmächtig bestimmte Medikamente absetzen.

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