Knoten in der Brust – was jetzt?

von Redaktion

Habe ich Krebs? Das fragt sich wohl jede Frau, die einen Knoten in ihrer Brust ertastet. Tatsächlich steckt viel öfter eine harmlose Ursache hinter solchen Veränderungen. Unsere Expertin rät daher: Nicht in Panik geraten, aber die Beschwerden zügig vom Arzt abklären lassen – um sicherzugehen.

VON ANDREA EPPNER

Bei den einen ist es reiner Zufall: Beim Duschen oder Eincremen spüren sie plötzlich einen Knoten in der Brust. Andere Frauen tasten ihre Brüste regelmäßig auf solche Veränderungen ab und bemerken dabei eine auffällige Stelle. Diese fühlt sich fester an, verhärtet – irgendwie anders als das Gewebe drum herum. Viele denken dann: Das kann nur Brustkrebs sein.

„Wenn man in der Brust eine Veränderung tastet oder im Spiegel sieht, kann das viele Gründe haben. Das muss kein Krebs sein!“, beruhigt Prof. Nadia Harbeck, Leiterin des Brustzentrums am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Viel häufiger als ein bösartiger Tumor findet sich eine harmlose Ursache. Betroffene sollten daher erst mal keine Angst haben. Dennoch sollte man Veränderungen in der Brust immer ernst nehmen und abklären lassen.

Wie findet man heraus, ob so ein Knoten harmlos ist?

Der Frauenarzt wird zunächst Brüste und Lymphknoten abtasten. Wichtig sei immer der Vergleich beider Seiten, sagt Harbeck. Denn das Brustgewebe fühlt sich bei jeder Frau etwas anders an. So haben Frauen mit einer „fibrozystischen Mastopathie“ viele recht kleine knotige Veränderungen; dann fühlt sich das Gewebe generell eher knubbelig an – und zwar in beiden Brüsten. „Das ist aber nichts Schlimmes und auch keine Vorstufe von Krebs“, sagt Harbeck. Der Seitenvergleich ist dann besonders wichtig, um auffällige Unterschiede zu erkennen. Auch gut behandelbare Entzündungen der Brust können zu Schwellungen führen, die sich tasten lassen. Oft ist die Haut dann gerötet und heiß. Auch Schmerzen kommen häufig hinzu. Schmerzen sind übrigens, ebenso wie ein Ziehen, eher untypisch für Brustkrebs.

Was verrät die Ultraschall-Untersuchung der Brust?

Damit lässt sich eine knotige Veränderung genauer untersuchen – und das schnell und schmerzlos. Per Ultraschall-Untersuchung lässt sich festes Gewebe von Flüssigkeiten unterscheiden. So erkennt der Arzt, wenn es sich um eine harmlose Zyste handelt. „Das ist ein Hohlraum, der mit wässriger Flüssigkeit gefüllt ist“, erklärt Harbeck. So eine Zyste könne sich, prall gefüllt, fest wie ein Knoten anfühlen. Bereitet sie Beschwerden, könne man die Flüssigkeit mit einer Hohlnadel absaugen. Zeigt der Ultraschall dagegen festes Gewebe, handelt es sich häufig um „Fibroadenome“. Das sind gutartige, bindegewebige Veränderungen, erklärt die Expertin. Anders als bösartige Tumore haben sie einen glatten Rand und wachsen nicht in umliegendes Gewebe ein. Das kann man im Ultraschall oft gut sehen. Ist die Sache klar, ist oft keine Behandlung nötig. Dann reichen regelmäßige Kontrollen. Bereiten Fibroadenome Beschwerden oder sind sie sehr groß, sollte man sie in einer kleinen OP entfernen.

Was sollte man tun, wenn noch Zweifel bleiben?

Ist sich der Frauenarzt nach dem Ultraschall nicht sicher, ob es sich tatsächlich nur um einen gutartigen Tumor handelt, wird er in der Regel weitere Untersuchungen anordnen. Tut er das nicht und gibt es keine klare Diagnose für den Tastbefund, sollten Frauen auf eine weitere Abklärung drängen, rät Harbeck. Dazu gehört die Mammografie, eine Röntgenuntersuchung der Brust. Sie macht auch Mikroverkalkungen sichtbar, die man im Ultraschall nicht sieht und die sich auch nicht ertasten lassen. Das sind winzige Kalkablagerungen in den Milchgängen. Sie können auf ein Karzinom, aber auch auf Krebsvorstufen hindeuten. Auch darum sollten Frauen zwischen 50 und 69 Jahren – die Altersgruppe mit dem höchsten Risiko – die Einladung zum Mammografie-Screening annehmen, die sie alle zwei Jahre per Brief erhalten. Regelmäßiges Abtasten kann die Untersuchung nicht ersetzen, aber gut ergänzen: Denn auch in den Intervallen zwischen den Untersuchungen kann mal ein bösartiger Tumor auftreten. Veränderungen an der Brust müsse man immer ernst nehmen, sagt Harbeck, „und nicht einfach sagen: Ich war doch erst vor einem Jahr – was soll da schon sein?“

Kann die Selbstuntersuchung also Leben retten?

Einen solchen Effekt belegt die Statistik nicht. Dennoch rät Harbeck so wie viele andere Experten zur regelmäßigen Selbstuntersuchung – allein schon, um ein besseres Gespür für seinen Körper und für Veränderungen zu entwickeln. Und: Mehr als der Hälfte aller Brustkrebs-Patientinnen in Deutschland hat den Tumor selbst ertastet. Am besten sollte man daher beide Brüste einmal monatlich untersuchen; bei Frauen vor den Wechseljahren direkt nach der Periode. Wenn die Haut nass ist, also etwa unter der Dusche, ist das oft einfacher. Dazu kann man jede Brust gedanklich in vier Teile einteilen und diese „Quadranten“ dann nacheinander abtasten. Oder man tastet jede Brust kreisförmig von außen nach innen ab. Achten sollte man dabei auch auf auffällige Veränderungen der Brustwarze. Flüssigkeitsabsonderungen sind, abgesehen von Schwangeren und Stillenden, nicht normal und sollten abgeklärt werden.

Was, wenn die Mammografie Auffälliges zeigt?

Dann rät der Radiologe zu einer „Biopsie“, also einer Gewebeuntersuchung. Der Eingriff ist klein und erfolgt unter örtlicher Betäubung. Der Arzt führt dabei einen Stanzzylinder in den Knoten ein und entnimmt so etwas Gewebe. Dieses wird im Labor untersucht. Meist haben Frauen schon zwei bis drei Tage später Klarheit. Manche ziehen die Ungewissheit jedoch einer klaren Diagnose vor. Sie denken: „Wenn ich einen Knoten taste, ist es eh zu spät – und wollen die Ursache gar nicht wissen.“ Aber: „Man kann Brustkrebs heute in rund 80 Prozent der Fälle heilen“, sagt Harbeck. „Die Diagnose zu verschleppen, bedeutet nur, dass Heilungschancen schlechter werden, die vorher noch richtig gut gewesen sein können.“

Wie schnell muss ein bösartiger Tumor raus?

„Brustkrebs ist kein Notfall“, sagt Harbeck. „Dieser Reflex von früher ,Da ist ein Knoten in der Brust, der muss morgen raus‘ trifft heute nicht mehr zu.“ Bei mehr als einem Drittel der Patientinnen setzt man zunächst auf andere Therapien wie etwa Medikamente. Welche Strategie die beste ist, hängt von vielen Faktoren ab, etwa auch von den molekularen Eigenschaften der Krebszellen. Sie zu finden, ist Sache von Spezialisten. „Die nächstgelegene Klinik muss nicht die am besten geeignete sein“, sagt Harbeck. Auf jeden Fall sollte es ein „zertifiziertes Brustkrebszentrum“ sein. Es sei wichtig, dass sich Frauen genug Zeit nehmen und sich mit ihrem Frauenarzt beraten, um die Weichen für die Therapie richtig zu stellen.

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