Diabetes Typ 2: Zucker unter Kontrolle

von Redaktion

Zu hohe Blutzuckerwerte sind tückisch: Betroffene bemerken oft lange nichts davon. Unerkannt greift der Zucker Blutgefäße und Nerven an, schädigt dadurch Organe wie Herz und Nieren. Wie sich das verhindern lässt, erklärt unser Experte – kurz vor dem Weltdiabetestag an diesem Donnerstag.

VON ANDREA EPPNER

Etwa eine halbe Million Menschen in Deutschland: So viele erkranken pro Jahr neu an Diabetes mellitus Typ 2 – der häufigsten Form der Zuckerkrankheit. Dem Deutschen Gesundheitsbericht Diabetes 2018 zufolge lebt hierzulande inzwischen fast jeder Zehnte mit der Diagnose Diabetes.

Etwa die Hälfte der Menschen mit Diabetes Typ 2 ist älter als 65 Jahre. Besonders erschreckend: Auch die Zahl der jüngeren Betroffenen steigt. „Tritt ein Diabetes Typ 2 früh auf, steigt auch das Risiko, früh an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben“, warnt Prof. Klaus-Dieter Palitzsch, Chefarzt der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Angiologie und Innere Medizin an der München Klinik Neuperlach. Hier verrät er, warum es so wichtig ist, seinen Blutzucker unter Kontrolle zu behalten.

Warum ist ein zu hoher Blutzucker so schädlich?

Ist der Blutzucker zu hoch, schadet dass Blutgefäßen im ganzen Körper. Entzündungen und Ablagerungen fördern Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Die Herzkranzgefäße verengen sich, das Risiko für eine Herzschwäche, einen Herzinfarkt und einen Schlaganfall steigt. Kommen Bluthochdruck und erhöhtes LDL-Cholesterin dazu, „verstärken sich diese Risikofaktoren gegenseitig“, warnt Palitzsch. Verstopfen kleinste Gefäße in der Niere, funktioniert diese schlechter. Zu hoher Blutzucker kann auch zu Nerven- und Augenschäden führen; bei Männern leidet die Potenz.

Woran erkennt man erhöhte Zuckerwerte?

„Wenn die Werte nur leicht erhöht sind, bemerken Sie das gar nicht!“, warnt unser Experte. Wer sichergehen will, sollte daher ab 35 Jahren alle zwei Jahre seinen Blutzucker – oder noch besser: seinen HbA1c-Wert (siehe unten) – messen lassen, etwa beim Arzt oder in der Apotheke. Bei Menschen mit einem hohen Diabetes-Risiko sind engmaschigere Kontrollen sinnvoll. Dies gilt für Menschen, die übergewichtig sind, sich wenig bewegen, Bluthochdruck und zu hohe Blutfettwerte haben. Die Diagnose Diabetes Typ 2 wird erst gestellt, wenn Werte wie der Nüchternzucker (siehe unten) und der Zucker zwei Stunden nach dem Essen wiederholt zu hoch sind. Ist der Langzeitzuckerwert, der HbA1c-Wert, zu hoch, reicht indes eine Messung für die Diagnose.

Was tun, wenn die Werte im Grenzbereich sind?

Das ist ein Warnsignal, das Betroffene ernst nehmen sollten: Werden Sie aktiv, denn häufig können Sie einen Diabetes Typ 2 durch einen gesünderen Lebensstil verhindern! Großen Studien zufolge liegen die Chancen bei etwa 60 Prozent. Wer übergewichtig oder gar fettleibig ist, sollte sich kalorienreduziert ernähren. Generell ist eine ausgewogene Ernährung wichtig – auch für bereits Erkrankte. Günstig sei eine mediterrane Kost, mit viel Gemüse und gesunden Ölen. Eine reine „Diabetes-Kost“ gebe es indes nicht, sagt unser Experte. Eher ungünstig seien aber viele Zwischenmahlzeiten. „Auch, wenn Sie nur Kleinigkeiten essen, kommt es jedes Mal zu einem Anstieg des Insulins.“ Bei Menschen mit Diabetes und Vorstufen davon wirkt dieses Hormon ohnehin nicht mehr richtig. Das lässt sich in diesem Stadium aber oft noch durch regelmäßige Bewegung ändern.

Schaffen es viele, diese Tipps auch umzusetzen?

Leider nein. Dabei habe eine kleine Studie gezeigt: Bei etwa 40 Prozent der Teilnehmer ließ sich sogar ein Diabetes Typ 2, der erst wenige Jahre bestand, durch eine rigorose Umstellung auf einen gesunden Lebensstil heilen. Was unter strengen Studienbedingungen klappte, scheitert im Alltag aber meist – so konsequent ist fast keiner. Aber: Jeder Schritt zählt! Eine gute Basis sei es, an wenigstens fünf Tagen pro Woche mindestens eine halbe Stunde aktiv zu werden, also zum Beispiel zügig spazieren zu gehen.

Welche Arzneien helfen bei Diabetes Typ 2?

Ein gesunder Lebensstil ist die Basis der Therapie – das lernen Patienten auch in Diabetes-Schulungen. Als erste Arznei bekommen sie meist „Metformin“-Tabletten“: Damit nimmt man nicht zu und muss keinen Unterzucker fürchten. Vertragen Patienten den Wirkstoff nicht, gibt es viele Alternativen, etwa Tabletten aus der Klasse der „DPP-4-Inhibitoren“, „SGLT-2-Inhibitoren“ – oder auch „GLP1-Analoga“, die man sich täglich oder wöchentlich spritzt. Insulin spielt bei Patienten mit Diabetes Typ 2 anfangs eine untergeordnete Rolle: Sie müssen das Hormon nur spritzen, wenn die körpereigene Insulinbildung erschöpft ist. Sonst hängt die Wahl vor allem von Begleiterkrankungen ab: Sind Betroffene fettleibig, herz- oder nierenkrank? Mit dem richtigen Wirkstoff lasse sich das gleich mitbehandeln.

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