Dauernd müde, erschöpft und oft erkältet: Patienten mit diesen oder ähnlichen Symptomen füllen gerade in den Wintermonaten die Wartezimmer. Sehr schnell kommt dann die Frage, ob es an einem Vitamin-D-Mangel liegen könne. Das ist kein Wunder, hört und liest man doch dauernd von zahlreichen positiven Eigenschaften: Vitamin D sei wichtig für ein intaktes Immunsystem, verhindere Diabetes und sogar Krebs. Und für die Knochen sei es sowieso das Wichtigste.
Aber stimmt das wirklich? 80 bis 90 Prozent des Vitamin D bilden wir selbst – in der Haut mithilfe von UV-Strahlung. Nur etwa 10 bis 20 Prozent des Bedarfs decken wir über die Nahrung. Größere Mengen davon enthalten fette Fische wie Hering und Makrele, Eigelb, Speisepilze und mit Vitamin D an- gereicherte Margarine.
Um genug Vitamin D zu bilden, wird meist ein tägliches Sonnenbad von etwa 15 Minuten empfohlen. Gesicht, Hände und Arme müssen dabei unbedeckt sein. Ob das genügt, hängt aber von vielen Faktoren ab. Hier spielt nicht nur die geografische Lage eine Rolle, sondern auch die Jahreszeit, die Kleidung, das Auftragen von Sonnenschutzmitteln – und unser Hauttyp: Je dunkler dieser ist, desto mehr Sonnenlicht ist nötig.
In unseren Breitengraden ist die Sonneneinstrahlung meist nur zwischen März und Oktober ausreichend, um die Vitamin-D-Speicher im Muskel- und Fettgewebe aufzufüllen. Im Winter zehren wir dann von diesen Reserven. Die Vitamin-D-Spiegel im Blut fallen in der kalten Jahreszeit aber in der Regel ab. Solche Schwankungen sind also ganz normal und haben per se nichts mit einem Mangel zu tun. Oder anders gesagt: Ist der in den Wintermonaten gemessene Wert ein Mal zu niedrig, heißt das noch lange nicht, dass Sie tatsächlich unzureichend mit Vitamin D versorgt sind!
Doch wozu brauchen wir es überhaupt? Benötigt wird Vitamin D vor allem, um Kalzium und Phosphat aus dem Darm aufzunehmen und in die Knochen einzubauen. Es ist außerdem an vielen Stoffwechselvorgängen im Körper beteiligt. Diese Tatsache hat zu der Annahme geführt, dass Vitamin D auch positive Effekte bei chronischen Erkrankungen haben könnte. Bis heute ist das aber nur eine Annahme: Es konnte weder für Krebs- noch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes bewiesen werden, dass sich durch Vitamin D das Risiko reduzieren lässt, daran zu erkranken. Auch die eingangs erwähnten Symptome sind meist nicht Ursache eines Vitamin-D-Mangels.
Leidet man hingegen an Knochenschmerzen, Muskelschwäche oder Osteoporose, also porösen Knochen, lohnt sich ein Blick auf den Vitamin D-Spiegel. Auch ältere Patienten, die nicht mehr mobil sind, und allgemein Menschen, die sich sehr wenig im Freien aufhalten, haben ein erhöhtes Risiko. Nicht sinnvoll ist es aber, den Vitamin D-Spiegel im Blut routinemäßig bei allen zu bestimmen – denn die allermeisten Menschen haben eben keinen Mangel.
Empfohlen wird eine tägliche Aufnahme von 20µg Vitamin D pro Tag, was 800 I. E. (internationale Einheiten) entspricht – am besten, indem man sich viel im Freien aufhält. Ist das nicht möglich, lässt sich der Bedarf auch mit Nahrungsergänzungsmitteln decken. Achtung: Da Vitamin D fettlöslich ist und im Körper gespeichert wird, besteht bei zu langer und hoher Einnahme die Gefahr einer Überdosierung. Dies kann schwere gesundheitliche Folgen haben. Mein Tipp daher: Bewegen Sie sich lieber regelmäßig an der frischen Luft! Denn das hilft bewiesenermaßen auch dem Herz, den Knochen und dem Immunsystem.
Der hausärztlich tätige Internist mit Praxis in Krailling (Kreis Starnberg) schreibt heute darüber, was Vitamin D wirklich leistet – und warum Bewegung an der frischen Luft viel besser ist als eine Tablette.