Prosit, Neujahr!

von Redaktion

Zu Silvester darf es etwas Luxus sein: Champagner verleiht dem Abend etwas ganz Besonderes. Das prickelnde Perlgetränk ist bereits pur ein exklusiver Genuss. Franz Brandl mixt daraus zum Jahresausklang seinen von ihm für den einstigen Gourmet-Tempel „Aubergine“ kreierten Cocktail „Max Joseph“.

VON STEPHANIE EBNER

Wer weiß, wie sein Leben aussehen würde, wenn alles nach Wunsch gelaufen wäre: Franz Brandl, 1944 in Gendorf bei Burgkirchen an der Alz geboren, träumte schon als kleiner Bub von der großen weiten Welt. „Ich wollte nichts wie weg.“ Je weiter, desto besser. Die einzige Möglichkeit, seinen Traum zu verwirklichen, sah er in der Seefahrt. Doch mit 15 Jahren war Franz Brandl als Messejunge – so nannte man die Hilfsbediensteten in der Küche und im Service auf Schiffen – zu jung.

Auch sein zweiter Anlauf, auf dem Schiff sein Glück zu versuchen, sollte Jahre später scheitern: Kurz bevor Franz Brandl seine Arbeit auf dem deutschen Renommierdampfer „Hanseatic“ aufnehmen wollte, brannte dieser 1966 in New York völlig aus.

Die große weite Welt begann für den gescheiterten Stewart deshalb in München. Die Stadt an der Isar sollte ihn auch künftig nicht mehr auf Dauer loslassen. Hier war er zunächst Kellnerlehrling, später in Eckart Witzigmanns „Aubergine“ Deutschlands bekanntester Barmixer.

Der Anfang jedoch war hart. „Ich wurde ausgenutzt. Hauptsächlich als Putzer und Spüler.“ Nach einigen Zwischenstationen witterte der gewitzte Bayer seine Chance: Als die Olympischen Spiele 1966 nach München vergeben wurden, „bewarb ich mich als Barchef im ,Sheraton Hotel‘, dem heutigen The Westin Grand“. Dieses war damals mit 1300 Betten das größte Hotel in Europa. „Eine aufregende Zeit begann“, wie Franz Brandl rückblickend sagt. Doch irgendwann wurde es für den damals erst 30-Jährigen Zeit, weiterzuziehen.

„Ich bekam eine Anstellung in Harry’s New York Bar.“ Die war damals die erste American Bar in Deutschland, die nicht an ein Hotel gebunden war. „Ich konnte als Barmixer zeigen, was ich draufhatte.“ Ein Meisterbrief zum Barmeister rundete seinen beruflichen Werdegang ab, bevor ihn Jahrhundertkoch Witzigmann in seinen Laden holte. Hier kreierte der heute 75-Jährige unter anderem seinen „Max Joseph“. Ein Cocktail, der sich für Silvester hervorragend eignet, weil er mit Champagner aufgegossen wird.

Brandls Fazit über seine Aubergine-Jahre: „Das Aubergine war das berufliche Highlight. Alles vom Feinsten.“ Brandl setzte den damals teuersten in Deutschland erhältlichen Spitzencognac, den Louis XIII von Rémy Martin, auf die Karte – der kostete an die 500 Mark. „Als ich anfing, den Cognac glasweise auszuschenken, erklärte mich Witzigmann für verrückt.“ Das Glas stand mit 50 Mark für vier Zentiliter auf der Karte – zum Vergleich: das Zehn-Gänge-Menü im Aubergine kostete 95 Mark. Nachdem Brandl eine Flasche pro Woche verkaufte, war das Thema erledigt. „Eine komplett andere Welt“ sinniert der Barmixer.

Heute seien alle Grund-Zutaten für Cocktails nahezu überall zu kaufen. Aber das war nicht immer so: Der Caipirinha, heute der Bestseller in jeder Happy Hour, war bis in die 1990er Jahre hier beinahe unbekannt. Brandl: „Das lag an den Limetten, die es bis dato nicht gab. In Anfängen waren sie zudem auch noch wahnsinnig teuer, 2 Mark hat eine gekostet.“ Auch für internationale Cocktail-Klassiker wie eine Pina Colada und den Kir Royal fehlten die Zutaten.

Franz Brandl hat den Bartresen mittlerweile mit dem Schreibtisch eingetauscht und schreibt Bücher – über Cocktails, das versteht sich fast von selbst. Schließlich sind Cocktails sein Leben.

Den Jahreswechsel 2019/20 verbringt er zusammen mit seiner Frau Eva in Malaga, wo das Ehepaar mittlerweile lebt. „Dann sitze ich auf meiner Terrasse und genieße die Aussicht.“ Mehr braucht der Barmixer nicht, um glücklich zu sein. „Ich habe einst mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt er und wünscht fürs neue Jahr ein „Shake it easy“. Flotte Sprüche hat Deutschlands einst berühmester Barmeister immer noch drauf.

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