GLÜCKSFITNESS – DAS SCHÖNSTE GEFÜHL IM BESTEN ALTER

Biografiearbeit für den Neustart

von Redaktion

Wie die Zeit fliegt! Sogar Dreikönig liegt schon wieder hinter uns und damit diese besondere Zeit zwischen Weihnachten und dem 6. Januar, die der Volksmund auch die Raunächte nennt. Eine dunkle Zeit, vielerorts darum auch geprägt von Ängsten und Aberglauben. Traditionell aber auch eine Zeit der Besinnung und der Einkehr: Abschied nehmen vom Alten, noch nicht ganz Vergangenem, und Konzentration auf das Neue, noch nicht ganz Angekommene. Aus psychologischer Sicht ein guter Moment für eine Rückschau, für Pläne und Ziele.

Je älter wir werden, desto eher neigen wir dazu, bei so einer Gelegenheit nicht nur auf das vergangene Jahr, sondern auf unser Leben insgesamt zurückzublicken. Was ist uns gut gelungen, womit sind wir zufrieden? Was ärgert uns, macht uns traurig? Was bereuen wir? In der Therapie nennt man das auch Biografiearbeit (siehe Interview unten): Wenn ich selbst jetzt und hier die Geschichte meines Lebens aufschriebe – würde das dabei entstehende Buch mich beim Lesen zufrieden, gar glücklich machen? Was würde ich darin vermissen – und wie könnte ich das beginnende Jahr dafür nutzen, dieses Fehlende meinem Lebensbuch noch hinzuzufügen?

Das ist in meinen Augen für alle Menschen, die glücklich sein möchten, immer eine lohnende Übung. Besonders sinnvoll finde ich sie aber für Senioren. Vielleicht haben Sie heute, da das neue Jahr 2020 noch so jung ist, Lust darauf? Falls ja, möchte ich Ihnen vorab aber noch ein Bild mitgeben, das Sie dabei bitte gedanklich begleiten soll.

Der Logotherapeut Viktor Frankl verglich in seinem berühmten „Scheunengleichnis“ unsere menschliche Zukunft einmal mit einem Getreidefeld: In der Gegenwart ernten wir in Form unseres Tuns und Erlebens das dort stehende Korn und bringen es in die große Scheune unserer Vergangenheit. Während die Jahre ins Land ziehen, schwindet die Menge des Korns auf dem Feld allmählich dahin. Wer jetzt nicht aufpasst und zu sehr auf die immer größer werdende Fläche an Stoppeln starrt, fühlt sich im höheren Alter schnell unglücklich. Da wächst ja kaum noch was! Was soll jetzt noch kommen?

Darum ist es gerade in den späteren Lebensjahren so wichtig, dass wir uns immer mal wieder umdrehen und den Blick auf die immer voller werdende Scheune hinter uns richten. Denn was wir in dieser Scheune an gelebtem Leben, an Lebensernte eingebracht haben, das kann uns niemand mehr nehmen – nicht einmal der Tod.

Alles, was unsere bisherige Lebensgeschichte ausmacht, ist für alle Zeiten dort sicher – Frankl nennt es unverlierbar geborgen: die Früchte unserer Arbeit, schöne Erlebnisse und Erfahrungen, liebevolle Gefühle, Gesten und Gedanken. Natürlich hat sich auch ein bisschen Unkraut bei jedem von uns zwischen das Korn gemogelt, das ist beim Ernten halt unvermeidlich: unsere Fehler, unsere Misserfolge, die Dinge, die wir bereuen. Auch die liegen dort in der großen Scheune, gehören zum Leben dazu.

Aber noch ist das Scheunentor ja nicht geschlossen, das Getreidefeld vor uns nicht leer. Egal, wie alt wir sind – da stehen ganz sicher noch ein paar vorletzte und letzte wertvolle Garben, die wir einholen und in unsere Scheune bringen können. Vielleicht gibt es noch etwas Besonderes, das wir gerne ausprobieren oder erleben möchten? Vielleicht gibt es noch etwas Großes oder Kleines für jemanden (oder für uns selbst) zu sagen, zu tun, zu erledigen?

Wenn Sie sich nun ein- mal umdrehen und in Ihre Scheune blicken, heute, an der Schwelle dieses neuen Jahres 2020 – welche Halme würden Sie selbst gerne noch pflücken und hinein-tragen?

VON FELICITAS HEYNE

Die renommierte Diplom-Psychologin und Buchautorin schreibt, warum es so wichtig ist, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen – um nach vorne schauen zu können. Sie rät: „Fragen Sie sich, wie Sie das gerade beginnende Jahr dafür nutzen könnten, das Fehlende in Ihrem Lebensbuch noch hinzuzufügen.“

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