Die Diagnose ist heute oft ein Zufall: Eine Frau wird per Ultraschall untersucht, vorsorglich oder wegen eines anderen Problems. Dabei fällt dem Gynäkologen auch eine Veränderung am Eierstock auf: nämlich eine Zyste. Das ist ein Hohlraum, der von einer festen Kapsel aus Gewebe – in dem Fall meistens dem Eierstockgewebe – umgeben und mit Flüssigkeit gefüllt ist.
„Eierstockzysten kommen generell sehr häufig vor – vor allem bei jungen Frauen“, sagt Prof. Tobias Weissenbacher, leitender Arzt am MIC-Zentrum München sowie der gynäkologischen Chirurgie der WolfartKlinik in Gräfelfing bei München. „Das ist erst mal überhaupt nichts Bedenkliches.“ Meistens zumindest. Manchmal ist aber eben doch ein Eingriff nötig. Unser Experte erklärt, was Sie dazu wissen müssen.
Ist eine Eierstockzyste wie die andere?
Nein. Es gibt viele verschiedene Arten von Eierstock-Zysten. Diese nennt man übrigens nach dem „Ovar“, also dem Eierstock, „Ovarialzysten“ – um sie von Zysten in anderen Geweben abzugrenzen. Solche können sich nämlich überall im Körper bilden. Es ist zwar einfach, solche Eierstockzysten bei einer Ultraschall-Untersuchung zu entdecken. Sie nur anhand dieser Aufnahmen zu unterscheiden, ist da schon deutlich schwieriger. „Das können Zysten sein, die mit Wasser gefüllt sind oder auch mit Blut“, erklärt Weissenbacher. Letztere sind oft Folge einer Endometriose. Das ist eine Erkrankung, bei der sich versprengte Stücke der Gebärmutterschleimhaut meist irgendwo im Bauchraum ansiedeln, etwa am Darm oder eben auch mal an den Eierstöcken. Betroffene haben vor allem während ihrer Monatsblutung häufig starke Schmerzen. Auch blutgefüllte Zysten bilden sich bei solchen Patientinnen oft. Weil der Blutfarbstoff bald abgebaut wird und sich die Farbe des Blutes dann ins Bräunliche verändert, werden solche Endometriose-Zysten auch „Schokoladenzysten“ genannt. Darüber hinaus gibt es aber auch Zysten, die feste Bestandteile enthalten. Dazu gehören zum Beispiel Dermoidzysten oder Fibrome.
Sind alle Zysten am Eierstock harmlos?
Die allermeisten Ovarialzysten sind tatsächlich harmlos. Aber: Auch ein Ovarialkarzinom kann zu zystenartigen Veränderungen am Eierstock führen. Um Krebs auszuschließen, muss der Arzt also genau hinschauen. Es gibt aber viele gute Kriterien, die ihm helfen, das einzuschätzen. Um die Eierstöcke dabei gut sehen zu können, führt er die Ultraschall-Untersuchung vaginal durch. Die lange, schmale Sonde wird dabei also durch die Scheide eingeführt. „So kommen wir einfach viel näher an die Eierstöcke ran“, erklärt Weissenbacher. Auch Zysten ließen sich dann viel deutlicher sehen und beurteilen. Allerdings wird diese Untersuchung oft auch aus anderen Gründen gemacht. So werden Zysten auch bei Frauen entdeckt, die gar keine Beschwerden haben. „Solche Zufallsdiagnosen sind häufig.“
Zu welchen Beschwerden können Zysten führen?
„Oft kommen Patientinnen dann mit Unterbauch-Beschwerden“, sagt Weissenbacher. „Meist an der Stelle, an der die Zyste sitzt.“ Ist also etwa der rechte Eierstock betroffen, klagen Frauen dann zum Beispiel über Schmerzen im rechten Unterleib. Zu Beschwerden kommt es oft, wenn eine Zyste recht groß ist, denn eine solche könne auch mal einen Durchmesser von bis zu 20 Zentimeter erreichen, sagt Weissenbacher. Der Druck auf umliegendes Gewebe, kann zu Beschwerden führen. Was auch passieren kann: Die Zyste platzt, ihr Inhalt verteilt sich im Bauchraum. Betroffene spürten erst einen „kurzen, heftigen Schmerz“, gefolgt von „diffusen, starken Unterleibsschmerzen“, sagt der Experte. Noch heftiger werden die Schmerzen, wenn sich der Stiel des Eierstocks verdreht hat – auch dazu können Zysten führen, wenn auch nur sehr selten. „Das ist dann ein akuter Notfall“, sagt Weissenbacher. Denn durch die Stieldrehung wird der Eierstock nicht mehr oder nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt. Hält dieser Zustand zu lange an, kann der Eierstock sogar absterben. In solchen Fällen ist daher eine Not-Operation unumgänglich.
Ist bei Eierstock- zysten immer eine Operation nötig?
Nein. Sind Zysten sehr groß und führen dadurch zu Beschwerden, ist oft ein Eingriff sinnvoll. Glatte, mit Wasser gefüllte Zysten, bildeten sich manchmal zurück, wenn die Betroffenen eine Anti-Baby-Pille nehmen. Bei Patientinnen mit Endometriose hilft meist nur eine OP. Viele Frauen, gerade jüngere, haben aber eben gar keine Beschwerden. Ist eine Zyste dann nur bis zu fünf Zentimeter groß, sei das allein meist kein Grund für eine Operation, sagt Weissenbacher. Der Arzt schaut sich das Ultraschallbild bei beschwerdefreien Frauen sehr genau an: Er muss nämlich anhand bestimmter Kriterien einschätzen, wie hoch das Risiko ist, dass vielleicht doch eine bösartige Veränderung dahintersteckt. Enthält eine Zyste zum Beispiel nicht nur Flüssigkeit, sondern auch feste Bestandteile, gilt sie als auffällig. Auch die Durchblutung kann verdächtig sein. Das heißt aber noch nicht, dass es sich wirklich um Krebs handelt. Doch nur, wenn die Zyste entnommen und durch Pathologen untersucht wird, lässt sich das mit letzter Sicherheit beurteilen. Erscheint eine Zyste dagegen als unauffällig, reicht es meist, sie regelmäßig zu kontrollieren: So vermeidet man einen unnötigen Eingriff, kann bei Bedarf aber immer noch rechtzeitig operieren.
Wenn eine Operation nötig ist: Wie läuft diese ab?
Das kommt auf die Größe der Zyste an und ob sie verdächtig ist. Kleinere Zysten am Eierstock werden meist einfach „ausgeschält“. Das klappt in der Regel minimal-invasiv, also ohne großen Schnitt mithilfe eines Endoskops: OP-Instrumente, eine Minikamera und Arbeitsinstrumente werden dabei durch mehrere kleine Öffnungen in der Bauchdecke eingeführt und bis zum Eierstock geschoben. Die Patientin bekommt für diesen Eingriff eine Vollnarkose. Damit der Gynäkologe gut sehen kann, wird Gas in den Bauch geleitet, sodass sich dieser aufbläht: So sind die Eierstöcke für den Operateur viel besser zugänglich. Das Gas wird nach dem Eingriff entfernt bzw. auch vom Körper abgebaut. Je nach Befinden können Patientinnen bei einer ambulanten OP noch am gleichen Tag heim. Die meisten bleiben aber etwa ein bis zwei Tage in der Klinik. Noch etwas länger dauert es, wenn eine offene OP nötig war; das ist etwa bei größeren Zysten nötig. Wenn möglich wird der Schnitt – ähnlich wie beim Kaiserschnitt – quer über den Unterbauch geführt. Bei sehr großen Zysten ist sehr selten ein Längsschnitt erforderlich.
Wie operiert man bei einem Krebsverdacht?
Auch dann kann man minimal-invasiv operieren – muss dabei aber besonders gut aufpassen: So darf die Zyste beim Entfernen auf gar keinen Fall platzen. Falls es sich nämlich tatsächlich um Krebs handelt, würde man so riskieren, bösartige Zellen im Bauchraum zu verschleppen. „Unter Umständen muss dann sogar ein Eierstock entfernt werden, um hier die onkologische Sicherheit zu gewährleisten“, erklärt Weissenbacher. Bei einem minimal-invasiven Eingriff wird der Eierstock dann mitsamt der verdächtigen Zyste in einen speziellen Beutel gepackt. Ein solcher „Bergebeutel“ soll verhindern, dass der Eierstock mit anderen Organen in Berührung kommt.