DIE HAUSARZT-KOLUMNE – NEUES AUS DER PRAXIS

Vorsicht vor Bisswunden

von Redaktion

Bester Freund, treuer Begleiter, guter Zuhörer. Für viele von uns ist ein Leben ohne sie nicht vorstellbar: Ob Hund, Katze, Wellensittich oder Zwergkaninchen – fast in jedem zweiten deutschen Haushalt lebt ein tierischer Weggefährte. Tendenz: steigend.

Obwohl meist sehr harmonisch, gerät die Beziehung zu des Menschen bestem Freund manchmal aus den Fugen. Immer mal wieder kommen Patienten mit Verletzungen nach Tierkontakt in die Praxis. Meist handelt es sich um leichtere Bissverletzungen oder Kratzer, selten schwere Verletzungen. Bis zu 50 000 Bissverletzungen sind pro Jahr in Deutschland zu verzeichnen, wobei die Dunkelziffer höher sein dürfte. In der Regel handelt es sich um Bisse durch Hunde und Katzen, seltener auch durch den Menschen. In mehr als der Hälfte der Fälle sind Kinder und Jugendliche betroffen. Jegliche Verletzung durch ein Tier sollte umgehend ärztlich gesehen und versorgt werden!

Das hat zwei Gründe: Zum einen können zunächst harmlos wirkende Verletzungen in Wirklichkeit schwerwiegender sein. Das ist häufig bei Hundebissen der Fall. Hier sind oberflächlich meist nur kleinere Läsionen zu sehen, in der Tiefe können aber massive Gewebeschäden vorliegen. Zum anderen besteht eine nicht unerhebliche Infektionsgefahr. Der Speichel von Säugetieren ist mit zahlreichen Keimen besiedelt, die bei einem Biss übertragen werden können.

Im Durchschnitt kommt es bei einem Viertel der Bissverletzungen zu Infektionen – insbesondere bei Katzen. Deren zwar kleinere, aber sehr spitze Zähne bringen die Keime tief in das Gewebe und dies begünstigt dann eine Infektion. In der Regel handelt es sich um bakterielle Infektionen, die durch antibiotische und unter Umständen auch chirurgische Therapien gut zu behandeln sind. In einigen Fällen kommt es aber auch zur Übertragung spezieller Krankheitserreger wie Tetanus oder Tollwut.

Die meisten Menschen – zumindest hierzulande – sind gegen Tetanus (Wundstarrkrampf) geimpft. Im Verletzungsfall muss aber der Impfschutz immer überprüft und unter Umständen muss auch nachgeimpft werden. Schwieriger wird es da bei der Tollwut: Deutschland ist seit 2008 frei von der klassischen, terrestrischen Tollwut (Übertragung etwa durch Füchse oder Hunde). Lediglich die Fledermaustollwut ist noch nicht ausgerottet. In vielen, insbesondere auch osteuropäischen Ländern kommt diese Viruserkrankung aber noch vor. Häufig werden Hunde aus diesen Ländern importiert. Bei einer Verletzung durch ein entsprechendes Tier ist dann eine gewisse Infektionsgefahr auch hier gegeben. Das Problem: Eine Tollwutinfektion ist immer tödlich.

Aus diesem Grund ist es wichtig, nach einer Verletzung den Halter des Tieres über die Herkunft und den Impfstatus zu befragen. Bestehen Zweifel oder handelt es sich um ein unbekanntes Tier, muss umgehend mit der aktiven und passiven (Antikörper-) Impfung begonnen werden. Auch vor einer Auslandsreise sollte man sich stets über die länderspezifische Tollwutgefahr informieren und sich gegebenenfalls vorsorglich impfen lassen. Nach den neuen WHO-Empfehlungen reichen bei Gesunden hierfür zwei Impfungen im Abstand von 7 bis 28 Tagen.

VON DR. SEBASTIAN BRECHENMACHER

Der hausärztlich tätige Internist mit Praxis in Krailling (Kreis Starnberg) schreibt heute über mögliche Folgen von Verletzungen durch Tiere.

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