Tee-Time: Zeit zum Genießen

von Redaktion

Tee trinken kann eine Kunst sein. Sandra Salman hat sich mit ihr vertraut gemacht. Sie ist eine der wenigen Tee-Sommelières in München. Die 32-Jährige, die das Tee-Trinken in Sri Lanka gelernt hat, führt uns in die Geheimnisse des Tee-Trinkens ein.

VON ANGELIKA MAYR

Wenn sich das Teeblatt im heißen Wasser der Tasse sachte auseinanderfaltet und der Duft von Jasmin allmählich den Raum erfüllt, dann ist Sandra Salman in ihrem Element. Die 32-Jährige ist Tee-Sommelière im Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski in München und weiß, dass die Entfaltung nicht nur schön anzusehen, sondern auch wichtig für den Geschmack ist.

In Alexandria geboren, genoss die Tochter einer Deutschen und eines Ägypters schon von klein auf Tee. „Dort trinkt man ihn aber sehr stark gesüßt“, sagt Salman heute. „Das mag ich jetzt gar nicht mehr.“ Sie liebt ihre Tassen pur – ohne Zucker, Honig, Milch oder Zitrone.

Über Umwege kam die junge Frau 1998 nach Deutschland, vor 14 Jahren dann nach München. Seit drei Jahren arbeitet die gebürtige Ägypterin im 5-Sterne-Hotel und im vergangenen Jahr absolvierte sie die „Ronnefeldt TeaMaster Ausbildung“ in Sri Lanka. „Dort war es herrlich“, schwärmt Sandra Salman.

Aber nicht nur, weil sie in einem Elefantenwaisenhaus in Colombo einen Dickhäuter mit einer Papaya füttern durfte. „Ich hätte ihn am liebsten mitgenommen“, sagt sie scherzhaft. Nein, sie tauchte auch tief ein in die Welt des Teeanbaus, der Teeernte und des Teehandels. So besuchten sie und fünf weitere Teilnehmer des Ausbildungsprogramms eine Plantage bei Nuwara Eliya und durften in einem traditionellen Sari selbst Tee pflücken.

„Das war hart.“ An einem steilen Abhang zupften sie zwei Stunden lang die Blätter von den Pflanzen ab und warfen sie in einen Korb, den sie auf dem Rücken trugen. „Meine Trefferquote lag aber bei 0 Prozent“, sagt Salman. Deswegen habe sie den Korb kurzerhand nach vorne geschoben. „Dann ging’s besser.“ Am Ende hatte sie – mit ein wenig Hilfe – beim Wiegen am meisten Blätter im Korb.

Anschließend tranken die Tee-Auszubildenden zusammen mit den Bauern Tee am offenen Lagerfeuer. Auch bei einer Teeauktion durfte Sandra Salman dabei sein. Dabei werden die Blätter geprüft und anschließend zum Verkauf freigegeben.

Seit dieser Reise achtet die Tee-Sommelière auf höchste Qualität beim Tee-Trinken. Privat wie beruflich. Im „Vier Jahreszeiten“ führt sie täglich zwischen 15 und 18 Uhr die Gäste des „Afternoonteas“ in die Materie ein. Dabei lässt sie die Gäste an den 30 verfügbaren Sorten riechen und erklärt, worauf Tee-Genießer achten sollten (siehe Kasten).

Auf eine traditionelle Qualitätskontrolle, wie Salman sie in Sri Lanka gelernt hat, wird hier aber der Schicklichkeit wegen verzichtet: Denn dafür schlürft man den Tee aus dem Löffel und macht dazu „witzige Geräusche“, erklärt Salman. „Ich musste da immer grinsen.“ Anschließend spuckt man den Tee – ähnlich einer Weinverkostung – auf einen Teller aus.

Bei den Hotel-Gästen ist Sencha, ein Grüntee, am beliebtesten. „Sobald ich die Blätter mit Wasser übergieße, habe ich immer das Gefühl, ich stehe auf einem nassen Rasen“, sagt die Tee-Sommelière über das Servieren.

Sie erzählt beim Teetrinken gerne Anekdoten, wie der Tee – vielleicht – entdeckt wurde: Eine Geschichte berichtet von dem chinesischen Kaiser Shennong, der vor etwa 5000 Jahren gelebt und Pflanzen auf ihre medizinischen Eigenschaften untersucht hat. Shennong trank sein Wasser am liebsten immer abgekocht. Eines Tages wehte ein Teeblatt in die Tasse, gab dem Wasser eine goldene Farbe und verströmte einen wohlwollenden Duft. Shennong wurde neugierig, trank – und genoss den Geschmack.

Genießen und sich Zeit dafür nehmen bedeutet auch Salman viel, denn nur so kann der Tee seine volle Kraft entfalten. „Und deswegen finde ich auch die Japaner mit ihren Teezeremonien so toll. Mache dauern ja über Stunden.“

Auch privat trinkt sie statt Kaffee lieber Tee. „Am liebsten schwarzen, der grüne ist nicht so mein Geschmack“, sagt Sandra Salman. Aber sie probiert weiter. Denn vielleicht findet sich ja noch eine Sorte, die auch ihr mundet.

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