Die Darmspiegelung rettet Leben

von Redaktion

Vor sieben Jahren wurde bei Brigitte Scherr, 60, ein Darmtumor entdeckt. Er war gutartig. Noch! Hätte man ihn nicht entfernt, wäre daraus bald Krebs geworden. Scherr blieb das erspart. Jetzt will sie anderen die Angst vor der Untersuchung nehmen.

VON ANDREA EPPNER

Was die Darmspiegelung betrifft, ist Brigitte Scherr Profi: Sieben-, achtmal war die 60-Jährige aus Hallbergmoos (Kreis Freising) schon bei der „Koloskopie“; so wird diese Untersuchung auch genannt. Und: Die sei „das Harmlose an der ganzen Geschichte“ gewesen, sagt Scherr – und meint damit jene Diagnose, die sie vor rund sieben Jahren bekommen hat.

Damals wurde bei der Darmspiegelung ein Tumor in ihrem Enddarm entdeckt. „Neun mal vier Zentimeter groß“, sagt Scherr. „Ein Riesending, aber zum Glück noch gutartig.“ Es folgte eine Operation im Klinikum Freising, bei der der Tumor, ein „Adenom“, mitsamt 18 Zentimetern Darm entfernt wurde. Damit war die Krebsgefahr gebannt. Scherr hat dennoch einen hohen Preis bezahlt: Mit dem „Mastdarm“ büßte sie die Kontrolle über ihre Verdauung weitgehend ein. Seit drei Jahren ist Scherr daher erwerbsunfähig.

Dabei hatte eigentlich alles recht harmlos angefangen – mit Durchfall, „eine Woche lang“, erzählt sie. „Sonst hatte ich keine Beschwerden, nur ein ungutes Gefühl.“ Ihre Hausärztin ordnete erst eine Probe auf verstecktes Blut im Stuhl an. „Da war nichts“, sagt Scherr. „Aber wenn ein Tumor nicht blutet, findet man damit eben auch nichts.“ Ihre Hausärztin riet ihr daher zu einer Darmspiegelung. „Zur Sicherheit.“

Heute ist Scherr „heilfroh“, dass sie dem Rat ihrer Ärztin gefolgt ist. Zumal deren Sorge einen guten Grund hatte: Die Medizinerin hatte bereits Scherrs Mutter betreut – und die war mit 86 Jahren an Darmkrebs erkrankt. „Bei ihr wurde der bösartige Tumor rechtzeitig erkannt und entfernt“, erzählt die Tochter. Und: „Die OP hat ihr noch sieben Jahre geschenkt.“

Sind bereits nahe Angehörige – Eltern, Großeltern oder Geschwister – an Darmkrebs erkrankt, steigt damit auch das eigene Risiko. Experten sprechen dann von einer familiären Vorbelastung und raten den Betroffenen, zehn Jahre vor dem Erkrankungsalter des jüngsten Angehörigen zur Koloskopie zu gehen. „Das Risiko, an Darmkrebs zu sterben, lässt sich damit um über 70 Prozent senken“, sagt der Münchner Gastroenterologe Dr. Berndt Birkner.

Hätte Scherr das früher gewusst, wäre sie wohl noch viel früher zur Darmspiegelung gegangen – wenn nötig, sogar auf eigene Kosten.

So aber hatte sie ihre erste Koloskopie mit 53 Jahren, 2013. Ein wenig aufgeregt sei sie damals gewesen. Dabei sei das nicht nötig. Zumal Patienten von der Untersuchung „nichts mitkriegen“. Denn: „Neun von zehn Patienten entscheiden sich für eine Kurznarkose“, sagt Birkner.

Schläft der Patient, führt der Arzt das Endoskop durch den Anus in den Dickdarm ein. Dabei handelt es sich um einen biegsamen Gummischlauch, mit Beleuchtung und Kamera an der Spitze. Auf einem Bildschirm kann der Arzt den Darm dann von innen begutachten.

Das klappt aber nur, wenn dieser richtig sauber ist. Eine Darmspülung vorab ist daher obligatorisch – bei Patienten aber unbeliebt. Scherrs Profitipp: Schon eine Woche vor dem Termin nur noch leichtverdauliche Kost zu sich nehmen. „Dann ist das Abführen in einer Stunde erledigt“, sagt sie. Dazu müssen Patienten am Morgen der Untersuchung sowie schon am späten Nachmittag des Vortages jeweils einen halben Liter einer Spüllösung trinken, erklärt Birkner. „Manche jammern, die Abführlösung schmecke so schrecklich“, sagt Scherr, die darüber nur lachen kann: So schlimm sei es nun wirklich nicht. „Es schmeckt zwar nicht gut, aber das geht schon.“ Birkner rät: Wer hier Bedenken habe, solle die unbedingt im Vorgespräch der Untersuchung ansprechen. „Es findet sich immer eine Lösung.“

Auf die Koloskopie verzichten, nur weil es ein wenig unangenehm ist? Scherr käme nie auf diese Idee. Bei ihr fanden sich bei fast jeder Untersuchung Polypen, also Wucherungen der Darmschleimhaut – die meist gleich entfernt werden, erklärt Birkner. So können sie gar nicht erst bösartig werden.

Nach ihrer jüngsten Koloskopie Anfang Februar schrieb Scherr erleichtert via Nachrichtendienst „Twitter“: „Zwei kleine Polypen entfernt. Leute, das ist ein super Gefühl. Nachmachen empfohlen.“

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