GLÜCKSFITNESS – DAS SCHÖNSTE GEFÜHL IM BESTEN ALTER

Fastenendspurt in Corona-Zeiten

von Redaktion

Erinnern Sie sich noch an den Aschermittwoch, dem Start der Fastenzeit? In wenigen Tagen geht diese Zeit nun zu Ende – mitten in der Corona-Krise, unter völlig anderen Vorzeichen, als wir damals noch dachten. Verzicht ist seit mehreren Wochen zu einem ständigen Begleiter für uns geworden. Aber vielleicht sollten wir an dieser Stelle das Beste darin sehen. Denn das Fasten bedient zwei zentrale, menschliche Bedürfnisse.

Zum einen ist da die Sehnsucht nach dem „Ankommen“ bei sich selbst – und andererseits auch der Wunsch nach einer Reduktion auf das Wesentliche. Zwei Bedürfnisse also, deren Erfüllung in unserer unübersichtlichen, hektischen Welt immer schwieriger wird. Nun jedoch hat uns die Corona-Krise völlig ausgebremst. Hier steckt aber auch unsere Chance! Vielleicht sollten wir kurz vor Ostern all die schlimmen Nachrichten ausblenden. Und uns – letztlich zwangsläufig – auf diese beiden Aspekte besinnen.

Was gibt es uns emotional, wenn wir fasten? Die Erfahrung, dass man das hinbekommt, ist toll für das Selbstwertgefühl! Wer fastet, stellt jede Menge Selbstdisziplin und Entschlusskraft unter Beweis. Man braucht ja so viel nicht mehr – von dem man dachte, dass es „unbedingt“ nötig sei. Man sprengt also die eigenen Grenzen, befreit sich aus Zwängen und Gewohnheiten. Das wiederum steigert das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die eigene Souveränität. Psychologen sprechen dabei vom Gefühl der Selbstwirksamkeit: Man fühlt sich stabiler, wieder mehr Herr über sein Leben. Das ist umso wichtiger in Zeiten von Corona, wo unser Alltag von Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverboten bestimmt wird. Eine alte Therapeutenweisheit besagt: „Wo der Widerstand ist, ist der Weg!“ Ja, für alle von uns ist es hart, soziale Kontakte auf ein Minimum zu beschränken – dieser Verzicht schmerzt uns alle sehr. Und deshalb liegt genau hier die Herausforderung für jeden von uns!

Zugegeben, wir haben es uns nicht ausgesucht – aber vielleicht tun wir einfach mal so, als hätten wir es getan: im Sinne der Fastenzeit. Uns also entschieden, eine Zeit lang ohne etwas auszukommen, von dem wir niemals geglaubt hätten, es könnte gehen. Wie wird es sich am Ende anfühlen, nach der Fastenzeit – wenn der „Shutdown“ endlich auch zu Ende geht? Wenn wir Stück um Stück Normalität zurückgewinnen?

Vermutlich wird es ein guter „Reset“-Knopf für uns sein: Wir werden unseren Lebensstil in allen Bereichen einmal radikal auf den Prüfstand stellen – und danach in neuer, korrigierter Form weitermachen. Eine Initialzündung, wenn man so will. Ja, wir haben dann wochenlang unsere Enkel und erwachsenen Kinder nicht gesehen. Ja, wir haben wochenlang auf Treffen mit Freunden verzichten müssen. Wir hatten zunehmend das Gefühl, kaum Kontrolle über unser Leben zu haben. Aber zugleich auch gespürt: Wir haben alle gemeinsam an einem Strang gezogen. Obwohl wir auf Distanz gegangen sind, hat sich unser Gemeinschaftsgefühl verstärkt – weil wir nur zusammen ans Ziel kommen konnten. Jeder von uns wünscht sich doch zurzeit nur eines: Alltag.

Wenn wir uns am Ende der Corona-Krise also wieder bewusster wahrnehmen, wenn wir achtsamer mit uns selbst, aber auch mit unseren Mitmenschen umgehen, haben wir wirklich Großes erreicht! Der Verzicht hat uns an unsere Grenzen gebracht, auch oft darüber hinaus. Aber er hat uns auch viel Stärke verliehen – und das sollten wir uns für die Zukunft bewahren.

VON FELICITAS HEYNE

Die renommierte Diplom-Psychologin und Buchautorin schreibt, warum es so wichtig ist, jetzt die positiven Seiten des Verzichts zu sehen. Denn: „Wenn wir uns am Ende der Krise wieder bewusster wahrnehmen, wenn wir achtsamer mit uns selbst, aber auch mit unseren Mitmenschen umgehen, haben wir Großes erreicht!“

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