München – Wenn Jana Pahl auf Station geht, dauert das derzeit viel länger als sonst: Schutzkittel und Handschuhe anziehen, FFP-Maske anlegen und Schutzbrille auf. Daran musste sich Pahl, Physiotherapeutin in der München Klinik Harlaching, erst gewöhnen. Denn dort behandelt sie auch Covid-19-Patienten. Pahl hilft ihnen dabei, wieder besser durchatmen zu können.
Genau das fällt vielen Kranken schwer, die mit einer Corona-Infektion ins Klinikum kommen. Bei ihnen hat es das Virus vom Rachen in die Lunge geschafft. Oft ist das Organ entzündet, vielen Patienten fällt das Atmen schwer. Einige bekommen daher Sauerstoff per Nasenbrille oder Atemmaske. Andere müssen sogar künstlich beatmet werden – und liegen dabei meist auf dem Bauch.
Diese Lagerung sei wichtig für die Betroffenen, erklärt Pahl. In dieser Position werde die Lunge nämlich besser belüftet, Schleim kann leichter abfließen. Zwölf bis 16 Stunden pro Tag liegen beatmete Patienten daher auf dem Bauch – im künstlichen Tiefschlaf. Sie bekommen davon also ebenso wenig mit wie von den Besuchen der Physiotherapeuten an ihrem Krankenbett.
Denn schon in dieser frühen Phase werden Patienten in der München Klinik Harlaching auf die Zeit danach vorbereitet. Dann, wenn sie wieder selbst atmen können – und müssen. Nach drei, manchmal mehr Wochen Beatmung ist das für viele gar nicht so einfach. Pahl, die als Physiotherapeutin zusätzlich atemtherapeutische Weiterbildungen absolviert hat, macht es den Kranken leichter: Damit der Körper in dieser langen Zeit nicht steifer und steifer wird, bewegt sie deren Brustkorb und die Schultern. Auch die Atemhilfsmuskeln zwischen den Rippen streicht sie mit den Händen aus – damit sie schön locker bleiben.
Sobald die Patienten endlich wieder ohne Maschinenhilfe atmen können, ist die Grundlage daher schon gelegt. „Dadurch kommen sie später viel schneller in den Alltag zurück“, erklärt Pahl. „Bei älteren Patienten ist das doppelt wichtig – zumal viele von ihnen Vorerkrankungen haben.“
Auch darauf muss sie bei der Therapie Rücksicht nehmen: Hat ein Patient ein schwaches Herz und machten Muskeln und Knochen vielleicht schon vor der Infektion nicht mehr jede Bewegung mit? Pahl stellt sich darauf ein, passt die Übungen und deren Intensität entsprechend an. Ganz entscheidend ist dabei auch die aktuelle Verfassung: Ist ein Kranker insgesamt noch sehr geschwächt? Wie stark ist seine Lungenfunktion eingeschränkt? Leidet er an einem Reizhusten? All das klärt die Therapeutin erst mal ab, ehe sie mit einem Patienten übt.
Pahl stützt sich dabei auf die Erfahrung, die sie mit Patienten hat, die Erkrankungen mit ähnlichen Beschwerden haben. Dazu kommen Berichte und Erfahrungen von Kollegen – erst aus dem Ausland, später auch aus der München Klinik Schwabing: Hier wurden in Deutschland die ersten Covid-19-Patienten behandelt.
Darauf bauen Pahl und ihre Kollegen jetzt auf. Geräte wie ein „Atemtrainer“ kämen dabei erst in der abklingenden Phase der Lungentzündung zum Einsatz. Sie helfen Betroffenen zwar, das Einatmen zu trainieren. Doch dabei wird sehr leicht viel virushaltiges „Aerosol“ freigesetzt – feinste Tröpfchen also, die lange in der Luft schweben. Das will man aus Sicherheitsgründen vermeiden. Trotz der Schutzkleidung.
Doch neben Hilfsmitteln sind ohnehin spezielle Übungen viel wichtiger. „Das A und O ist die Beweglichkeit der Atemmuskulatur“, erklärt Pahl. Sie nutzt eine breite Palette solcher Übungen (siehe Kasten) für ihre Patienten – immer genau auf ihre Bedürfnisse abgestimmt und wohldosiert, damit sie schneller wieder auf die Beine kommen. Bevor sie entlassen werden, gibt sie ihnen noch Übungen für zu Hause mit auf dem Weg. „Darüber sind viele dankbar, schreiben sich oft sogar jeden Schritt genau auf“, sagt Pahl. „Unser Ziel ist es, die Patienten so selbstständig wie möglich zu entlassen. Damit sie daheim auch allein wieder gut zurechtkommen.“