Die guten Seiten der E-Book-Reader

von Redaktion

In Sachen E-Books gibt es gute Nachrichten für Hugendubel, Weltbild und viele kleine Buchhändler. Denn beim jüngsten Warentest setzte sich das Tolino-Lesegerät aus dem Buchhandel klar gegen den Amazon-Konkurrenten Kindle durch.

VON JÖRG HEINRICH

Der Testsieger Tolino Epos 2 lag mit Note 1,6 zwar nur minimal vor dem Kindle Oasis (1,7). Doch beim Fazit spricht sich die Stiftung Warentest deutlich für die Buchhandels-Reader aus.

Die Kandidaten

Wer sich ein Lesegerät anschaffen will, muss sich für eine von zwei Welten entscheiden. Denn auf dem Kindle laufen nur die E-Books von Amazon. Der Tolino lässt dagegen mehr Freiheiten (siehe Kasten). Die Tester haben neun Reader unter die Lupe genommen. Darunter waren mit dem Kindle (80 Euro), dem Kindle Paperwhite (120 Euro) und dem Kindle Oasis (230 Euro) drei Modelle von Amazon. Mit dem Tolino Page 2 (79 Euro), dem Tolino Vision 5 (159 Euro) und dem Tolino Epos 2 (299 Euro) stammen drei Geräte aus dem Buchhandel. Die restlichen Reader von Pocketbook und Kobo für 160 bis 230 Euro sind mit dem Tolino kompatibel, nutzen die gleichen E-Books, spielen auf dem Markt aber keine große Rolle.

Das Urteil zu Amazon

Hier sprechen die Tester vom „goldenen Käfig“ und von einer „geschlossenen Gesellschaft“. Denn, so Warentest, „die Kindle-Reader laufen wie am Schnürchen“, engen ihre Nutzer aber stark ein. Sie können darauf weder E-Books aus dem Buchhandel noch aus Leihbüchereien (www.onleihe.net) lesen. Und sie können die Bücher nur sehr eingeschränkt an Familie oder Freunde zum Lesen weitergeben. Gerade das Aussperren der Leihbüchereien ist laut Warentest „ein echter Verlust, denn dort gibt es viele attraktive Bücher für kleines Geld“. Dafür ist der Komfort der Kindle-Reader beim Kaufen und Lesen groß, und die Hardware ist exzellent. Für die Bildqualität verdienen sich Oasis und Paperwhite die Noten 1,3 und 1,4. Nur der deutlich unschärfere Standard-Kindle fällt mit einer 2,2 ab. Fazit von Warentest: „Gute Lesegeräte, großes Buchangebot. Nicht geeignet für Nutzer, die ihren Buchshop frei wählen oder in öffentlichen Bibliotheken leihen wollen.“ Bester Kindle war der Oasis mit Gesamtnote 1,7 vor dem Paperwhite mit 1,8.

Das Urteil zum Tolino

Vom Konzept des Buchhandels sind die Warentester deutlich mehr überzeugt. Sie heben die „freie Auswahl“ hervor und loben: „Tolino & Co. – ganz locker lesen. Außerhalb der Amazon-Welt liest es sich freier.“ Die Hardware ist zumindest beim teuren Epos 2 mit Bildschirm-Note 1,4 auf einem Niveau mit Amazon, der Vision 5 liegt mit 1,6 kaum dahinter. Und die Nutzung ist wesentlich flexibler. Leihbüchereien stehen allen Tolino-Nutzern offen. Und sogar auf den Epub-Kopierschutz von Adobe verzichten inzwischen viele Verlage. Diese E-Books lassen sich dann wie echte Bücher im kleinen Kreis verleihen. Außerdem funktionieren elektronische Bücher aus praktisch allen anderen Shops (außer von Amazon), zum Beispiel von Aldi, auch auf Tolino, Kobo und Pocketbook. Gemeinsamkeiten und Unterschiede:

Die Bücherauswahl

Das Angebot an deutschsprachigen Titeln ist bei Amazon und Tolino ähnlich und wegen der Buchpreisbindung auch gleich teuer. Einzige Wermutstropfen beim Buchhandel: Einkauf und Lesen ist mit dem Tolino nicht ganz so komfortabel wie beim Kindle. Und bei Amazon gibt es deutlich mehr und oft besonders günstige englischsprachige E-Books – bei denen die Buchpreisbindung nicht greift. Die Empfehlung von Warentest zum Tolino: „Bestens geeignet für Leseratten, die ihre E-Books aus vielen verschiedenen Quellen beziehen, mit Freunden tauschen und in der Bibliothek leihen wollen.“ Preis-Leistungs-Tipp ist der Tolino Vision 5 (Note 1,7). Den Gesamtsieg holt sich der Epos 2 mit besonders großem 8-Zoll-Bildschirm, der mit einer 1,6 nur knapp am „Sehr gut“ vorbeischrammt. Tolino schlägt also Kindle. Und dabei hat Warentest den recht preisgünstigen und ebenfalls empfehlenswerten Paperwhite-Konkurrenten Tolino Shine 3 (119 Euro) noch gar nicht eingerechnet.

Apps als Alternative

Wer sich ein E-Book kauft, kann es nicht nur auf Kindle oder Tolino lesen – sondern ohne Mehrkosten auch in den Lese-Apps der Anbieter für iPhone, iPad und Android. Mit farbigen Titelseiten sehen die E-Books auf Smartphone oder Tablet auf den ersten Blick sogar besser aus als auf den schwarz-weißen E-Book-Readern. Doch während sich deren Bildschirme so angenehm und ermüdungsfrei lesen wie auf Papier, strengt das Bücherlesen auf iPad & Co. die Augen deutlich mehr an. Und draußen an der Sonne haben die E-Book-Geräte endgültig die Nase vorn. Denn auf einem Tablet oder Smartphone ist dann oft nicht mehr viel zu erkennen. Daher schneiden die Lese-Apps von Amazon (Note 2,7) und Tolino (2,6) im Test auch nur „befriedigend“ ab. Die Bildschirme von Kindle und Tolino mit ihrer „E-Tinte“ bleiben in der Sonne dagegen so perfekt abzulesen wie echte Buchseiten. Wer viel draußen liest, ist deshalb mit einem E-Book-Reader besonders gut bedient.

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