Vier medizinische Fachgesellschaften haben Bund, Länder und Kommunen aufgerufen, Kitas und Schulen trotz der Corona-Pandemie vollständig zu öffnen. Insbesondere bei Kindern unter zehn Jahren sprächen die Daten sowohl für eine niedrigere Infektions- als auch für eine geringere Ansteckungsrate, heißt es in einem gemeinsamen Papier, das am Freitag veröffentlicht wurde. Am Abend nannte dann Ministerpräsident Markus Söder den 1. Juli als Zieldatum für vollständige Kita-Öffnungen.
Die Fachgesellschaften betonen, die Daten aus vielen Untersuchungen, Studien, Modellberechnungen und Ausbruchsanalysen wiesen in eine Richtung: Kinder und Jugendliche seien nicht die treibende Kraft der Pandemie. Im Gegensatz dazu seien soziale und gesundheitliche Folgen der Schließungen gravierend, erklären die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene, die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland. Indem diese Folgen für Kinder und Jugendliche nicht thematisiert worden seien, seien deren elementare Rechte verletzt worden.
Die Bedeutung von Schul- und Kitaschließungen auf die Dynamik der weiteren Infektionsausbreitung werde als gering eingeschätzt, heißt es. Kindertagesstätten und Grundschulen sollten daher möglichst zeitnah wiedereröffnet werden. Das Risiko für Lehrer, Erzieher, Betreuer und für Eltern lasse sich durch Einhaltung der wichtigen Hygieneregeln seitens der Erwachsenen und der Jugendlichen ausreichend kontrollieren.
In Kindertagesstätten und Grundschulen sei eine Öffnung „aufseiten der Kinder ohne massive Einschränkungen“ möglich. Die Kinder könnten etwa im Händewaschen und achtsamen Hygieneverhalten im Umgang miteinander, beim Essen und in den Sanitäreinrichtungen spielerisch und kindgerecht unterwiesen werden. „Kleinstgruppenbildung und Barriereschutzmaßnahmen wie Abstandswahrung und Maskentragen“ seien unnötig.