Schwindel kann viele Ursachen haben. Und die meisten Patienten sind verunsichert, weil „sie oft wie aus heiterem Himmel vom Schwindelanfall überfallen werden“, sagt Dr. Peter Müller-Barna, Neurologe der München Klinik Harlaching. „Das wirkt natürlich sehr bedrohlich.“ Manchmal geht es tatsächlich ums Leben, etwa dann, wenn sich ein Schlaganfall hinter dem Schwindel verbirgt – was bei etwa jedem fünften Schwindel-Patienten (21 Prozent) in der Notaufnahme der Fall ist, das belegen Daten des telemedizinischen Netzwerks „TEMPiS“. Alles steht und fällt daher mit schneller Hilfe und der richtigen Diagnose. Aber: „Die Vielfalt möglicher Ursachen macht die Schwindel-Diagnostik so kompliziert“, sagt Dr. Müller-Barna. Und: „Schwindel ist fachübergreifend. Je nach Krankheitsbild arbeiten HNO-Ärzte, Kardiologen, Internisten, Orthopäden, Augenärzte, Orthoptisten und Neurologen eng zusammen.“ Doch wie entsteht das Karussell im Kopf? Grundsätzlich gilt: Tritt Schwindel zum ersten Mal akut, heftig und ohne logische Erklärung auf, sollten Sie stets sofort die Notrufnummer 112 wählen. Nachfolgend zeigen wir Ihnen 15 typische Schwindelkrankheiten – und ihre Ursachen:
1. Lagerungs-Schwindel: Er tritt plötzlich auf – etwa beim Aufstehen, Hinlegen – oder wenn man sich im Liegen umdreht. Betroffen sind oft ältere Menschen. „Diese Schwindelform ist zu 100 Prozent heilbar“, sagt Müller-Barna.
2. Entzündung eines Gleichgewichtsnervs: Der Drehschwindel baut sich meist über wenige Stunden auf und wird von heftiger Übelkeit, Sehstörungen und einer Sturzneigung nach rechts oder links begleitet.
3. Schlaganfall: Er kündigt sich bei manchen Menschen mit einer plötzlichen und heftigen Schwindelattacke an, manchmal begleitet von Sprech- oder Sehstörungen und/oder Ausfällen in der Feinmotorik. Auch wenn diese Symptome nur ganz kurz andauern: sofort 112 anrufen. Es besteht Lebensgefahr!
4. Migräne: Die vestibuläre Migräne, auch Schwindelmigräne genannt, kündigt sich mit einem Drehschwindel an, gefolgt von Übelkeit, Gleichgewichtsproblemen, Sehstörungen und Licht- oder Lärmempfindlichkeit.
5. Beidseitiger Ausfall des Gleichgewichtsorgans: Die Patienten klagen, insbesondere bei Dunkelheit, über eine Gangunsicherheit, sie sehen in der Bewegung unscharf und laufen unsicher. Die häufigste Ursache dieser Erkrankung sind starke Antibiotika, die das Innenohr angreifen können.
6. Herzprobleme: Ein unregelmäßiger Herzschlag oder auch Herz-Aussetzer können Schwindelattacken auslösen. Ein Fall für den Kardiologen.
7. Sehstörungen oder die falsche Brille: Wenn im Zusammenhang mit einer Augenbehandlung oder einer neuen Brille Schwindel auftritt, sollten Sie noch einmal Ihren Augenarzt aufsuchen.
8. Neurologische Ursachen: Bestimmte Erkrankungen des peripheren Nervensystems, des Kleinhirns, Parkinson, Multiple Sklerose oder eine Schädigung des Rückenmarks zählen dazu. Sie können auch mit Schwindel einhergehen.
9. Zu niedriger Blutdruck, zu wenig Flüssigkeit, Diabetes, Unterzucker: Eine ganze Reihe in der Regel gut behandelbarer internistischer Erkrankungen können ebenfalls das Karussell im Kopf bewirken.
10. Medikamente: Treten Schwindelprobleme nach der Einnahme eines neuen Medikaments auf, könnte es sich beim Schwindel durchaus um eine Nebenwirkung handeln.
11. Verletzungen bzw. Verspannungen an der Halswirbelsäule: Sie stehen ebenfalls im Verdacht, Schwindel auszulösen. Über diesen Zusammenhang sind sich Ärzte verschiedener Fachrichtungen aber noch nicht ganz einig.
12. Panikattacken, Angststörungen und Depressionen: Sowohl Ängste als auch Depressionen können mit Schwindelattacken und Dauerschwindel einhergehen. Wird dieser Zusammenhang erkannt und die psychische Störung behandelt, bessert sich meist auch der Schwindel.
13. Funktionelle Störungen ohne organische Ursache: Sie treten meist nach akuten Schwindelattacken auf und führen zu einem chronischen Schwindel. Ursache sind gestörte Regelkreise im Gleichgewichtssystem. Dr. Müller-Barna: „Viele körperlich gesunde Patienten zweifelten schon an ihrem Verstand, weil eben keine körperliche Ursache zu finden ist. Bereits das Gefühl, endlich ernstgenommen zu werden, ist für solche Patienten eine große Entlastung.“ Mit gezielten Übungen lässt sich meist eine erhebliche Besserung erreichen.
14. Lebensmittelallergien: Sie können offenbar Schwindelattacken auslösen. Für Überraschung sorgte jüngst die Erkenntnis der Freiburger Universitätsklinik, dass auch rotes Fleisch heftige allergische Reaktionen (massiver Schwindel, Rötungen, Atemnot) bewirken kann – tückischerweise oft erst Stunden nach der Mahlzeit. Verantwortlich dafür ist ein Zuckermolekül (Alpha-Gal).
15. Anämie (Blutarmut): Ein Mangel an rotem Blutfarbstoff und meist auch an roten Blutkörperchen im Blut äußert sich neben Blässe, schnellem Puls und Atemnot oft auch mit einem Schwindelgefühl, insbesondere bei einem raschen Lagewechsel. DORITA PLANGE