GLÜCKSFITNESS – DAS SCHÖNSTE GEFÜHL IM BESTEN ALTER

Keine Dornen ohne Rosen

von Redaktion

In meinem Beitrag in der vergangenen Woche hatte ich ja schon erwähnt, dass ich eine passionierte Gärtnerin bin. Gerade stehen meine Rosen in voller Blüte und haben mich mal wieder an ein wichtiges Glücksthema erinnert – die Kunst des sogenannten Reframings. Am besten auf den Punkt bringt diese nämlich das arabische Sprichwort: „Ärgere dich nicht, dass der Rosenstrauch Dornen trägt, sondern freue dich, dass der Dornenstrauch Rosen trägt.“

Einer, der das Thema Glück zu seinem Hauptforschungsgebiet gemacht hat, ist der amerikanische Psychologe Richard Wiseman. Er untersucht unter anderem, was Menschen, die sich selbst als Glückspilze bezeichnen, von Menschen unterscheidet, die sich selbst als Pechvögel sehen. Mittlerweile hat er hunderte von Personen in verschiedenen Studien befragt und ist davon überzeugt, dass die angeblichen Glückspilze keineswegs einfach von einem wohlwollenden Schicksal begünstigt werden, sondern ganz instinktiv und meist unbewusst sehr aktiv durch bestimmte Verhaltensmuster dazu beitragen, dass ihnen irgendwie alles im Leben zu gelingen scheint.

Eines dieser Verhaltensmuster ist das besagte Reframing – man könnte es in etwa mit „ein Bild neu rahmen“ übersetzen. Glückliche Menschen sind nämlich gut darin, die Perspektive zu wechseln, wenn ihnen etwas Unangenehmes widerfährt. Fast jedem von uns ist wohl schon einmal etwas misslungen oder zugestoßen, was auf den ersten Blick sehr ärgerlich schien, sich aber im Nachhinein als wahrer Glücksfall herausstellte. Wisemans Glückspilze nun unterscheiden sich von den Pechvögeln darin, dass sie grundsätzlich mit der inneren Haltung: „Wer weiß, wozu es gut ist, machen wir das Beste draus!“ an alle negativen Ereignisse in ihrem Leben herangehen. Das heißt, sie jammern nicht, weil ihnen an der Kreuzung jemand die Vorfahrt genommen und die Beifahrerseite des neuen Autos eingedellt hat. Sie freuen sich stattdessen, dass sie auf der Fahrerseite mit heilen Gliedern aussteigen können. Erleben sie etwas Unangenehmes, verschwenden sie wenig Zeit mit Selbstmitleid, sondern wenden ihre Gedanken so schnell wie möglich den darin steckenden positiven Aspekten und Möglichkeiten zu.

Eine Haltung übrigens, die auch gerade derzeit angesichts der Corona-Krise enorm glücksförderlich ist! Und die sich lernen lässt. Probieren Sie dazu doch mal bewusst für eine Weile, jedem scheinbaren Missgeschick einen positive(re)n Rahmen zu verpassen. Ihnen ist die Bahn vor der Nase weggefahren und die nächste geht erst in einer halben Stunde? Prima – endlich mal wieder die Möglichkeit, in Ruhe durch den Buchladen gleich nebenan zu schlendern. Ich gebe zu: Es ist nicht immer einfach, natürlich will ich auch nicht behaupten, dass es in wirklich allen Fällen klappt. Aber wenn man konsequent übt, geht einem der gezielte Perspektivenwechsel vom Dorn zur Rose irgendwann in Fleisch und Blut über. Sehr beeindruckt hat mich in dieser Disziplin einmal unser Schornsteinfeger. Den hatte eine ganze Reihe von Missgeschicken ereilt, und zu guter Letzt war ihm beim Versuch, eine Plane festzuzurren, der Haken eines gestrafften Expanders ins Auge geschnalzt. Als ich mitleidig sagte, das passe aber gar nicht zum Glücksbringer-Image seines Berufs, meinte er fröhlich: O doch!

Zwar habe es erst scheußlich wehgetan, er habe anfangs nichts mehr gesehen und müsse noch ein paarmal zum Augenarzt. Aber schließlich hätte er das Auge bei dem Unfall auch verlieren können – also habe er doch ein riesiges Glück gehabt! Und natürlich hatte er Recht.

VON FELICITAS HEYNE

Die renommierte Diplom-Psychologin und Buchautorin schreibt, warum es so wichtig ist, selbst negativen Ereignissen eine positive Seite abzugewinnen: „Glückliche Menschen sind gut darin, die Perspektive zu wechseln, wenn ihnen etwas Unangenehmes widerfährt.“

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