Mehr Kraft für den Kopf

von Redaktion

Warum Bequemlichkeit Gift fürs Hirn ist – und was den Geist fit hält

VON ANDREA EPPNER

Der Schlüssel ist schon wieder unauffindbar? Nach dem Einkaufen fällt Ihnen auf, dass Sie die Hälfte vergessen haben? Und: Wann war noch mal der nächste Zahnarzt-Termin? Mit der Zeit werden wir vergesslicher. Auch an unserem Gehirn gehen die Jahre nicht spurlos vorüber. Seit Beginn der Corona-Krise haben manche sogar das Gefühl, dass ihr Gedächtnis sie noch öfter im Stich lässt als zuvor. Wie Sie trotzdem geistig fit und psychisch stark bleiben, verrät Ihnen der Psychotherapeut und Experte für Hirn Prof. Thorsten Kienast in einem neuen Ratgeber. TV-Legende Frank Elstner entlockt ihm darin Tipps und Tricks für „Mehr Power für den Kopf“. So heißt auch das Buch, das heute im Piper Verlag (20 Euro) erscheint. Hier lesen Sie, wie Sie Ihre grauen Zellen in Schwung bringen.

Ab wann altert unser Gehirn?

„Das ist eine komplizierte Frage“, sagt Experte Prof. Thorsten Kienast. Denn: „Das ganze Leben lang altern die vorhandenen Zellen und neue werden gebildet.“ Letzteres ist übrigens eine noch recht neue Erkenntnis. Viel interessanter sei daher die Frage, ab wann Menschen zu träge werden, um alte Gewohnheiten aufzugeben – und neue freudig aufzubauen“, findet Kienast. Das bringt unser Hirn nämlich auf Trab!

Wann sollte man mit dem Training loslegen?

„Sofort!“, sagt Kienast. Er warnt dabei vor allem vor den vielen praktischen Alltagshelfern, die wir Tag für Tag nutzen, um es unserem Gehirn leichter zu machen – vom Einkaufszettel bis hin zur Handy-App. Wer sich einmal an all die Helferlein gewöhnt habe, entwöhnt sich nur schwer von ihnen. Vor allem Smartphone-Apps verführen uns zu großer Bequemlichkeit: „Sie verleiten dazu, die Fähigkeiten des Gehirns auf lange Zeit nicht mehr zu trainieren“, warnt Kienast. „Dann ist es wie bei einem Muskel. Wenn er nicht trainiert ist, schafft er es auch bald nicht mehr, seine Funktion auszuführen. Weil er keine Kraft hat.“

Was ist „Gift fürs Gehirn“?

„Zu viel Routine schadet dem Gehirn“, warnt Kienast. Das gelte auch für „schlechte Ernährung, schlechten Schlaf, Alkohol und Drogenkonsum.“ Und sogar die Corona-Krise! Denn vor allem für ältere Menschen sind soziale Kontakte immer noch nur eingeschränkt möglich. Dabei sind Kontakte für einen fitten Geist wichtig. „Neugier und Offenheit fördert die Fähigkeit, Probleme zu lösen, beschleunigt hilfreiche Entwicklungen, erfrischt den Geist – und hilft dabei, den inneren Schweinehund zu überwinden“, erklärt Kienast. Man kann diese schwierige Zeit daher auch als Chance sehen: „Die Corona-Krise ist ein Steigbügel dafür, neue Gedankengänge und Möglichkeiten auszuprobieren. Eine Art erzwungener Gehirngymnastik oder Flexibilität.“ Wichtig ist es aber, sich darauf einzulassen. Denn: „Je weniger die Bereitschaft dazu da ist, desto schwerer sind die Probleme zu lösen – und desto größer werden schwierige Gefühle wie Angst, Ärger und Gereiztheit.“ Offen zu bleiben, hilft also auch gegen Krisenängste!

Warum lässt im Alter das Gedächtnis nach?

Dass der Kopf manchmal nicht so will wie wir, ist nicht nur eine Frage des Alters. Es gibt viele Gründe, warum das Gedächtnis mit den Jahren nachlässt. Am häufigsten seien das „Stress und Desinteresse an Dingen, die im Alltag eben auch wichtig sind“, für die sich viele aber keine Zeit nehmen, erklärt Experte Kienast. Denn: Ein „starkes Interesse oder Besorgtheit“ ziehen die Aufmerksamkeit ab. Dadurch lasse „vor allem das Kurzzeitgedächtnis nach“. Aber auch „Erkrankungen des Stoffwechsels oder des Gehirns, die gerade die Gedächtnisfunktion in Mitleidenschaft ziehen“ seien ein weiterer wichtiger Grund. Diese könnten bis hin zu einer Demenz führen.

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