von Redaktion

VON NINA DAEBEL

Eine Geschichte, die verstört und erschreckt, wird hier erzählt. Es geht um die grausame Tötungsmaschinerie der Nazis. Im Mittelpunkt: „Das kostbarste aller Güter“ – das Leben eines Kindes. In einem nur auf den ersten Blick furchtbaren Moment entreißt ein Mann seiner Frau eines der Zwillingsbabys und wirft es aus dem Zug. Die Mutter und das bei ihr verbleibende Geschwisterchen überleben nicht. Ihre Existenz endet in Auschwitz. Doch das jüdische Kind, das im weichen Schnee gelandet ist, wird von einer armen Holzfällerfrau gefunden. Sie nimmt das Kleine auf und beschützt es wie einen Schatz. Schon lange hatte sie sich Nachwuchs gewünscht, was ihr bislang verwehrt geblieben war. Sie schließt das fremde Wesen in ihr Herz und bemuttert es wie ihr eigenes Kind. Dass die Liebe auch im größten Schrecken Hoffnung gibt, zeigt diese bewegende Erzählung. Sie ist ein poetisches Plädoyer für die Macht der Liebe und des Lebens. „Denn die Liebe ist es, die macht, dass das Leben weitergeht“, wie es am Ende der Geschichte heißt. Schwarzweiß-Illustrationen bannen einzelne Szenen auf Papier. Sie tun dies eindringlich: Dichter Wald, die Enge eines Güterzugs, Spuren im Schnee, eine Rauchsäule über einem Konzentrationslager, der Blick in das Gesicht eines Kindes mit kurz rasiertem Haar und eine große Männerhand, die sich schützend auf die Brust eines Babys legt, sowie ein selig schlafender Säugling. Es sind gemalte Fenster in eine Welt, die genauso von Schmerz und Unmenschlichkeit erfüllt ist wie von Mut, Zärtlichkeit und Zuneigung. Dem Autor gelingt es, Unbeschwertes und Unerträgliches miteinander zu verschmelzen. Und lässt vor allem eine Erkenntnis lange nachklingen: Dass Herzenswärme und Hoffnung ein Leben nach dem Überleben erst möglich machen.

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